Relevanz von Schmelztümpeln
Im arktischen Sommer schmilzt das Meereis aufgrund der erhöhten Temperaturen und der ununterbrochenen Sonneneinstrahlung. Auf dem Eis sammelt sich das Schmelzwasser in sogenannten Schmelztümpeln. Diese Schmelztümpel verringern die Fähigkeit der Erdoberfläche, die einfallende Sonnenstrahlung zu reflektieren. Sie sind "dunkler" als das stark reflektierende Meereis und absorbieren einen Großteil der einfallenden Strahlung oder ermöglichen die Transmission durch das Eis in den darunter liegenden Ozean. Es wird insgesamt mehr Energie aufgenommen, wodurch die Temperaturen weiter steigen und noch mehr Eis schmilzt. Dadurch sind die Schmelztümpel grundlegend für den sogenannten Eis-Albedo-Rückkopplungs-Effekt, welcher wiederum ein wesentlicher Bestandteil derjenigen Prozesse ist, die für eine verstärkte Erwärmung der Arktis im Vergleich zum Rest der Welt sorgen. Aus diesem Grund ist es wichtig zu verstehen, wo und wie diese Schmelztümpel entstehen und wie groß ihr Oberflächenanteil ist.
Beobachtung von Schmelztümpeln
Die einzige Möglichkeit, den Oberflächenanteil von Schmelztümpeln kontinuierlich und in großflächigen Bereichen zu beobachten und zu untersuchen, ist durch die Nutzung von Satellitendaten gegeben. Aber auch hier gibt es Einschränkungen in der räumlichen und zeitlichen Abdeckung. Die gesamte Arktis kann nicht mit beliebig hoher Auflösung und Repetitionsrate vermessen werden. Um einen Bogen zu schlagen zwischen detaillierten Messungen, wie sie beispielsweise während der MOSAiC Expedition 2019-2020 gesammelt werden konnten, und Satellitenbeobachtungen, die die gesamte Arktis täglich abdecken, wurde nun eine neue Studie veröffentlicht. Sie basiert auf Reflektanzmessungen der Sentinel-2 Satelliten der European Space Agency (ESA), welche eine räumliche Auflösung von 10 m haben und in der Arktis alle 4-5 Tage die gleichen Bereiche (circa 100x100 km Fläche) überfliegen. Durch spektrales Unmixing ("Entmischen") wird aus diesen Messungen der Schmelztümpel- und Eisanteil, sowie Bereiche von offenem Wasser errechnet. Trainiert und überprüft wurde der Algorithmus anhand von höher aufgelösten Satellitenaufnahmen und flugzeuggestützten Aufnahmen, die während der MOSAiC-Expedition im Sommer 2020 gemacht wurden.
Mit dem Datenprodukt wurde die zeitliche Entwicklung von Schmelztümpeln auf der MOSAiC-Scholle und ihr repräsentativer Charakter für die nähere Umgebung im Juni und Juli 2020 analysiert: zu Beginn der Beobachtungen, im Juni, weist die MOSAiC-Scholle eine außergewöhnlich hohe Schmelztümpelbedeckung auf und wird erst im späteren Verlauf repräsentativ für die Verhältnisse in der Umgebung. Diese Beobachtung kann mit den besonderen Eisbedingungen (dickeres und stärker deformiertes Eis) in Zusammenhang gebracht werden.
Schmelztümpel in Klimamodellen
Zusätzlich zu lokalen und detaillierten Untersuchungen, können die gewonnen Daten auch zur Evaluierung von niedriger aufgelösten Schmelztümpel-Produkten genutzt werden. "Dadurch, dass der Algorithmus basierend auf einem Vergleich mit in-situ Messungen entwickelt wurde, eignet er sich ideal als Brücke zwischen diesen lokalen eingeschränkten aber präzisen, und den global verfügbaren aber niedrig aufgelösten Messungen", erklärt Hannah Niehaus von der Universität Bremen die in ihrer Veröffentlichung beschriebene Arbeit. Dadurch können die arktisweiten Produkte zur Schmelztümpelbedeckung von Meereis und ihre Berücksichtigung in Klimamodellen erheblich verbessert werden.
Veröffentlichung und Datensatz
Niehaus, H., Spreen, G., Birnbaum, G., Istomina, L., Jäkel, E., Linhardt, F., Neckel, N., Fuchs, N., Nicolaus, M., Sperzel, T., Tao, R., Webster, M., Wright, N. (2023). Sea Ice Melt Pond Fraction Derived From Sentinel-2 Data: Along the MOSAiC Drift and Arctic-Wide. Geophysical Research Letters, 50(5), e2022GL102102, https://doi.org/10.1029/2022GL102102
Niehaus, Hannah; Spreen, Gunnar (2022): Melt pond fraction on Arctic sea-ice from Sentinel-2 satellite optical imagery (2017-2021). PANGAEA, https://doi.org/10.1594/PANGAEA.950885
Ansprechpersonen
- Hannah Niehaus (IUP)
- Gunnar Spreen (IUP)
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