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Messungen aus der Luft

Die Vermessung von Meereis über größere Flächen und Distanzen erfolgt mittels luftgestützter Plattformen wie Flugzeugen, Helikoptern oder Drohnen. Diese können mit unterschiedlichsten Messgeräten (wie beispielsweise dem EM-Bird) ausgestattet werden und ermöglichen Beobachtungen in Gebieten, die sonst nur schwer zugänglich sind (siehe Abbildung 1).

Luftgestützte Messungen über Meereis haben eine lange Tradition in der Polarforschung. Das AWI führte bereits in den frühen 1980er Jahren Messungen der Meereisoberfläche mit Hilfe von Lasern durch. Inzwischen sind die Forschungsflugzeuge Polar 5 und Polar 6 und die Helikopter an Bord von FS Polarstern mit einer Vielzahl unterschiedlichster modular aufgebauter und komplexer Sensorik bestückt. Sie liefern räumlich hochaufgelöste Informationen nicht nur der Oberflächenbeschaffenheit des Meereises, sondern auch der Dicke von Meereis und dessen Schneeauflage. Die so gewonnenen Daten aus den vergangenen drei Jahrzenten geben Einblick in die zeitliche und räumliche Variabilität der Eiseigenschaften und über langfristige Veränderungen auf Grund des Klimawandels. Darüber hinaus finden diese Daten eine wichtige Anwendung bei der Überprüfung von aus Satellitendaten oder Modellen abgeleiteten Meereiseigenschaften.  

Da der Einsatz von Flugzeugen und Helikoptern insbesondere in der Arktis im Sommer durch Nebel und andere ungünstige Wetterbedingungen erschwert wird, sollen in Zukunft verstärkt Drohnen zur Anwendung kommen. Hierfür werden bestehende Messmethoden und Sensoren an die Anforderungen der autonomen Plattformen angepasst. 
 

Mit den Forschungsflugzeugen Polar 5 und Polar 6 des Alfred-Wegener-Instituts können bis zu sechs Stunden lange Messflüge über Meereis in der Arktis und Antarktis durchgeführt werden. Die beiden Maschinen des Typs Basler BT-67 sind für die Flüge unter den extremen Umweltbedingungen der Polargebiete speziell ausgerüstet. Die Flugzeuge können auf Beton-, Schotter- und Schneepisten mithilfe eines kombinierten Ski- und Radfahrwerks starten und landen. Enteisungssysteme sowie Heizmatten für Batterien und Triebwerke ermöglichen den Betrieb auch bei sehr schwierigen Wetterbedingungen und Temperaturen von bis zu -50°C. 

Messkampagnen über Meereis mit diesen beiden Forschungsflugzeugen finden teils mehrfach im Jahr statt. Die gesammelten Daten ermöglichen die Erfassung der Variabilität und Änderungen der Meereisdicke und Oberflächeneigenschaften in schwerzugänglichen Schlüsselregionen der Arktis und Antarktis. Ein besonders wichtiges Überwachungsprogramm ist das seit 2009 durchgeführte Messproramm IceBird. Während IceBird werden einmal jährlich die Meereisdicke und Oberflächeneigenschaften in der zentralen Arktis am Ende des Winters (April) und am Ende des Sommers (August) erfasst.

Die Dicke des Meereises wird während des Fluges mit Hilfe eines elektromagnetischen Messsystems (EM-Bird) gemessen. Die Sonde hängt an einem etwa 70 Meter langen Seil und wird auf 15 Meter Höhe über das Eis geschleppt. Parallel erstellt ein Laserscanner ein hochgenaues Geländemodel der Meereisoberseite.
Ein Schneeradar erfasst zudem die Schneedicke im Winter. Im Sommer kommen zusätzlich optische Sensoren wie die MACS Kamera des DLRs zum Einsatz, mit deren Hilfe sich unter anderem Informationen über den Reflexionsgrad des Meereises (Albedo) für Sonnenstrahlung und über die Verteilung von Schmelztümpeln auf der Oberfläche ableiten lassen.

Der Forschungseisbrecher Polarstern ist mit zwei Helikoptern ausgestattet. Während Schiffsexpeditionen in der Arktis und Antarktis lassen sich mit ihnen Wissenschafter:innen ausfliegen und für Messungen auf dem Eis absetzen. Ferner werden mit ihnen Meereisdickenmessungen mit Hilfe einer vom Helikopter geschleppten elektromagnetischen Messsonde (dem EM-Bird) durchgeführt. Erste Messungen der Eisdicke vom Helikopter mit Hilfe des EM-Bird erfolgten bereits im Jahr 2001. Aber auch andere im Helikopter fest verbaute Sensoren, wie beispielsweise ein Laserscanner und optische Kamerasysteme, kommen zum Einsatz. Nebel und andere ungünstige Wetterbedingungen limitieren aber den Einsatz von Helikoptern über Meereis beträchtlich. Dennoch können im Sommer, insbesondere durch den Einsatz von optischen Sensoren, wertvolle Informationen über Meereisoberflächeneigenschaften gewonnen werden, die den Energie- und Impulsaustausch zwischen Atmosphäre und Meereis steuern. Zu den wichtigsten Größen gehört der Reflexionsgrad des Meereises für Sonnenstrahlung und die räumliche Verteilung von Schmelztümpeln auf der Meereisoberfläche.

Die stetige Entwicklung von unbemannten Luftfahrzeugen oder Drohnen machen diese zunehmend interessant als Trägersysteme für Sensorik, die bisher nur auf bemannten Luftfahrzeugen zum Einsatz kam. Zurzeit werden hauptsächlich optische Daten zu Dokumentationszwecken und zur photogrammetrischen Erfassung kleinerer Gebiete verwendet. Gegenüber bemannten Luftfahrzeugen liegen die Vorteile hier bei einer enormen Kostenersparnis und der Möglichkeit von Flügen, die aus Sicherheitsgründen nicht mit dem Helikopter durchgeführt werden können. Die Nachteile liegen sowohl bei der verhältnismäßig geringen Reichweite als auch bei der stark limitierten Sensorik, da der parallele Einsatz unterschiedlicher Sensoren derzeit nur eingeschränkt möglich ist. In absehbarer Zukunft werden neben optischen Sensoren aber auch Instrumente anderer Frequenzbereiche eine Rolle spielen, wie etwa RADAR oder LiDAR. Zudem werden durch immer längere Akkulaufzeiten die Reichweiten von unbemannten Luftfahrzeugen stetig verbessert. Doch schon jetzt liefern Drohnen kostengünstige und wertvolle Informationen zu Oberflächeneigenschaften, insbesondere in Verbindung mit zeitgleich gewonnen in-situ Messungen.

Der EM-Bird ist ein Sensor zur Bestimmung der Dicke des Meereises mit Helikoptern und Flugzeugen. Basierend auf dem aerogeophysikalischen elektromagnetischen (EM) Induktionsverfahren wird die elektrische Leitfähigkeit des Untergrundes bestimmt. Da Meereis einen hohen elektrischen Widerstand besitzt und Meerwasser ein sehr guter elektrischer Leiter ist, nimmt die Leitfähigkeit mit zunehmender Eisdicke ab. Elektromagnetisch kann deshalb die Höhe des Gerätes über der Eisunterseite beziehungsweise der Meerwasseroberseite bestimmt werden. Mit einem zusätzlichen Laserabstandsmesser wird der Abstand zur Eisoberseite gemessen und aus der Differenz der beiden Abstände ergibt sich die Gesamtdicke, also die Dicke des Eises und der Schneeauflage.

Bis 2009 wurde der EM-Bird des AWIs ausschließlich auf Helikoptern eingesetzt. Der erste Messeinsatz erfolgte 2001 während einer arktischen Polarsternfahrt. Mit den Forschungsflugzeugen Polar 5 bzw. Polar 6 des Alfred-Wegener-Instituts sind Messflüge bis 400 nautische Meilen (ca. 740 km) Reichweite möglich, in Abhängigkeit von der wissenschaftlichen Ausrüstung an Bord des Flugzeugs.