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Nutzung durch den Menschen

Der Mensch nutzt die Ressourcen der Polargebiete schon seit jeher. In früheren Zeiten waren es ausschließlich indigene Völker, die in der Arktis lebten und sich auch von den arktischen Ressourcen versorgten. Robben und Fische waren die Hauptquellen für die Ernährung. Felle wurden zu Kleidung verarbeitet. Später, im 19. und frühen 20. Jahrhundert setzte die kommerzielle Nutzung der Ressourcen ein – die Walross- oder Waljagd oder die Fischerei im großen Stil. Eine Überfischung der Bestände von Fischen und Krill oder eine Übernutzung der Säugetierpopulationen waren das Ergebnis. In der Folge führte man gesetzliche Regelungen und maximale Fangquoten ein, die die Jagd und Fischerei beschränkten. Allerdings bleibt die internationale Fischerei auf Hoher See schwer zu kontrollieren. Einzelne Beispiele für den Fang bestimmter Tierarten werden im Folgenden kurz erläutert. Die Umweltauflagen, Jagdverbote und Fangquoten limitieren indessen nicht nur den industriellen Fang bestimmter Arten, sondern auch die Jagd und Fischerei der indigenen arktischen Völker, obwohl diese nicht-kommerzielle Nutzung der arktischen Fauna den Artenreichtum kaum jemals belastet hat. Darüber hinaus werden in diesem Kapitel noch weitere Nutzungsarten vorgestellt, wie etwa der zunehmende Tourismus in den Polarregionen. Da sich das Meereis in den Sommermonaten immer weiter zurückzieht, wird zudem insbesondere die Arktis immer interessanter für den internationalen Schiffsverkehr und die Suche nach fossilen Rohstoff.

Eine Schlüsselart der Antarktis, die unmittelbar auf das Meereis angewiesen ist, ist der Krill. Der Krill ist eine im freien Wasser schwimmende Krebsart, eine sogenannte Leuchtgarnele, und gehört zum Zooplankton. Die etwa sechs Zentimeter langen Tiere treten in großen Schwärmen auf. Man schätzt, dass es rings um die Antarktis heute rund 122 bis 215 Millionen Tonnen Krill gibt, der die Hauptbeute von Fischen, manchen Walarten, Robben, Pinguinen und anderen Meeresvögeln ist (Maribus WOR6, 2019). Mitte der 1970er Jahre begann die Krillfischerei im industriellen Maßstab, die Krill in großen Mengen fing. Hinter der kommerziellen Krillfischerei steckt das Interesse von zwei großen industriellen Abnehmern: die Fischindustrie und die Nahrungsmittelindustrie. In der Fischindustrie wird das produzierte Krillmehl weltweit als Fischfutter in der Aquakultur eingesetzt. Für die Nahrungsmittelindustrie ist Krill aufgrund seines reichen Gehalts an Omega-3-Fettsäuren besonders interessant. Krill wird an Bord zunächst zu Krillöl verarbeitet, bevor er in Form von Kapseln auf den Markt gebracht wird. Die Kapseln werden in vielen Ländern als beliebtes Nahrungsergänzungsmittel für den Menschen eingesetzt.  Die wichtigste Fangnation war bis zu Beginn der 1990er Jahre die UdSSR. Nach ihrem Zusammenbruch folgte Japan als größter Krillproduzent. Während Japan und das heutige Russland seit den 2010er Jahren kaum mehr Krill fischen, ist Norwegen seit den 2010er Jahren besonders aktiv. Südkorea folgt auf Platz zwei mit einer deutlich geringeren Fangmenge. Lag die jährliche Fangmenge in den frühen 1980er Jahren noch bei mehr als 500.000 Tonnen, so sank sie mit dem Ende der Sowjetunion auf jährlich rund 50.000 Tonnen. Inzwischen ist sie wieder deutlich gestiegen. Im Jahr 2018 lag sie bei gut 300.000 Tonnen. Antarktischer Krill wird derzeit nahezu ausschließlich im atlantischen Sektor des Südozeans gefangen. Rund 90 Prozent des Krills werden heute zu Fischmehl verarbeitet, die übrigen 10 Prozent zu Proteinpasten und Krillöl (Siegel, 2014). Die Verwendung der Krillfänge wird sich vermutlich in absehbarer Zeit wiederholt verändern, denn der Bedarf in der chemischen und der pharmazeutischen Industrie steigt.

Angesichts der großen Fangmengen in den 1980er Jahren befürchteten Fachleute, dass die für das Nahrungsnetz in der Antarktis so wichtigen Krillbestände überfischt werden könnten. Daher wurde im Jahr 1991 erstmals eine Obergrenze für die Fangquoten im atlantischen Sektor des Südpolarmeers gesetzt. Die „Konvention über den Schutz von antarktischen, marinen lebenden Ressourcen“ (Convention on the Conservation of Antarctic Marine Living Resources, CCAMLR beobachtet die Krillbestände und kann auf Basis dieser Beobachtungen flexibel neue Fangobergrenzen bestimmen, um die Krillbestände nachhaltig zu bewirtschaften. Doch nicht nur die Entwicklung der Krillbestände muss beobachtet werden. Wichtig ist es auch, die Populationen der Tiere im Auge zu behalten, die von ihnen abhängig sind – etwa die Pinguine und Robben. Auch sie wären von einer Krill-Überfischung betroffen.

Die wichtigsten Fischgründe in der atlantischen Arktis sind die Barentssee, das Europäische Nordmeer sowie die Gebiete um Grönland und Island. Gefischt wird in diesen Gebieten nach Atlantischem Kabeljau (Gadus morhua), Schellfisch (Melanogrammus aeglefinus), Atlantischem Hering (Clupea harengus) und nach arktischen Arten wie Lodde (Mallotus villosus), Grönländischer oder Schwarzer Heilbutt (Reinhardtius hippoglossoides), Eismeergarnele (Pandalus borealis) und Polardorsch (Boreogadus saida). Mittlerweile hat der Klimawandel dazu geführt, dass andere Arten in die atlantische Arktis einwandern, die nun ebenfalls als kommerzielle Fischarten gefragt sind. So hat sich seit Beginn der 2000er etwa die Artenzusammensetzung der Fische in der Barentssee geändert. Wurden früher vor allem arktische Fischarten wie Dickkopfgroppen (Triclops nybelini), Grönländischer oder Schwarzer Heilbutt (Reinhardtius hippoglossoides) und Scheibenbäuche (Liparis spp.) gefangen, so sind es heute in erster Linie nordatlantische Fischarten, die wärmeres Wasser bevorzugen, etwa der Atlantische Kabeljau, Schellfisch und Doggerscharben (Hippoglossoides platessoides). Auch um Grönland, Neufundland und Labrador werden heute vermehrt Fische aus südlicheren Bereichen des Atlantiks gefangen – etwa der Blauflossenthunfisch (Thunnus thynnus) (Maribus WOR6, 2019).

Auch der Nordwestpazifik ist eine sehr produktive Meeresregion. Hier liegt das Fangvolumen bei mehr als 20 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchten pro Jahr – ein weltweiter Spitzenwert. Im Nordostpazifik hingegen werden nur etwa 3 Millionen Tonnen gefangen. Gefischt werden im Nordpazifik vor allem Pazifischer Pollack (Gadus chalcogrammus), Pazifischer Kabeljau (Gadus macrocephalus), Pazifischer Heilbutt (Hippoglossus stenolepis), Krabben und pazifische Lachsarten wie der Rotlachs (Oncorhynchus nerka). Zum Vergleich: In den arktischen Gebieten des Nordwest- und Nordostatlantiks werden jährlich rund 10 Millionen Fisch und Meeresfrüchte gefangen, wobei dort vor allem in den eisfreien Küstengewässern gefischt wird (Maribus WOR6, 2019). Heute wird die Fischerei in den arktischen Gewässern durch eine ganze Reihe nationaler und internationaler Konventionen und Vorschriften geregelt – darunter nationale Gesetze, die gemeinsame Fischereipolitik der Europäischen Union oder vor allem auch die regionalen Organisationen für Fischereimanagement. Zu letzteren zählen die Anrainerstaaten der jeweiligen Meeresgebiete aber auch andere Staaten, die regelmäßig in diesen Gebieten fischen. Um eine Überfischung der Bestände zu vermeiden, werden Fangzeiten, -lizenzen und -quoten heute in allen Teilen der Arktis auf Basis wissenschaftlicher Empfehlungen ausgegeben.

Wie das Beispiel des Krills zeigt, werden auch die antarktischen Gewässer seit vielen Jahren befischt. Und wie beim Krill wacht die „Konvention über den Schutz von antarktischen, marinen lebenden Ressourcen“ (Convention on the Conservation of Antarctic Marine Living Resources, CCAMLR) auch über den Fischfang in der Südpolarregion. Das Ziel der CCAMLR-Konvention ist der Erhalt aller marinen Arten und Ökosysteme des Südozeans, wobei durchaus Fischfang betrieben werden darf. Um die Schutzziele dennoch zu erreichen, wird aber der Naturschutzgedanke vor die Fischereiinteressen gestellt. Auch die CCAMLR-Konvention richtet sich bei der Festlegung von Fangquoten nach wissenschaftlichen Erkenntnissen über die aktuellen Bestandsgrößen.

Die für die Fischerei in der Antarktis mit Abstand wichtigste Art ist der Krill. Darüber hinaus werden nur wenige andere Arten gefischt. Dazu gehören insbesondere der Bändereisfisch (Champsocephalus gunnari), der Schwarze Seehecht (Dissostichus eleginoides) und der Antarktische Seehecht (Dissostichus mawsoni). In jüngster Zeit befischt Russland auch antarktische Stein- und Königskrabben (Neolithodes yaldwyni und Paralomis birsteini). Im Vergleich mit den Fangmengen in der Arktis sind die Fänge in der Antarktis aber eher klein. So werden vom Schwarzen Seehecht rund 10.000 Tonnen und vom Antarktischen Seehecht rund 4.000 Tonnen pro Jahr gefangen (Maribus WOR6, 2019).

Die Robben in der Arktis wurden über Jahrtausende hinweg nur von Einheimischen gejagt, was, verglichen mit der späteren, kommerziellen Jagd nur wenig Einfluss auf die Robbenpopulationen hatte. Die kommerzielle Jagd begann im 16. Jahrhundert und wurde seither stark professionalisiert. Die am häufigsten verbreitete Robbenart, die Ringelrobbe, wird auch heute noch mit höchster Fangquote gejagt. In den 1990er Jahren wurden in Grönland circa 70.000 Ringelrobben jährlich gefangen. In Kanada werden jährlich zwischen 50.000 und 65.000 Tiere getötet. Diese Fangquote ist seit den 1990er Jahren stabil und beeinträchtigt die Ringelrobbenpopulation nur wenig (Blanchet et al., 2014). Bejagt werden auch die Bartrobbe und die Sattelrobbe. Jährlich werden etwa 5.000 bis 10.000 Bartrobben erlegt. Die Population ist dadurch nicht gefährdet (Blanchet et al., 2014). Die Sattelrobben wurden in der Vergangenheit sehr stark in Küstenregionen von Land aus gejagt. Ihre Population wurde dadurch enorm reduziert. Eine Schutzregelung legte in den frühen 1970er Jahren eine kürzere Jagdperiode, begrenzte Fangquoten sowie den Schutz von geschlechtsreifen Weibchen fest. Seitdem hat sich die Sattelrobbenpopulation in einigen Gebieten erholt. Im Jahr 2007 wurde der kommerzielle Fang von Klappmützen in der Grönlandsee komplett beendet.

Die in den arktischen Gebieten des Pazifiks und vor allem im Beringmeer lebenden Bandrobben können hingegen nur eingeschränkt von Land aus gejagt werden, da sie hauptsächlich im Wasser leben. Insofern wurde ihre Population weniger unter Druck gesetzt. Die Populationsgröße der Bandrobben nähert sich heutzutage vermutlich wieder den Werten vor Beginn der kommerziellen Jagd, wobei aktuelle Einschätzungen der Populationsgrößen für diese Art nicht vorliegen. Auch die im Nordpazifik beheimatete Largha-Robbe wurde insbesondere vom Schiff aus bejagt. Diese Jagd wurde inzwischen eingestellt.

Eine der am stärksten bejagten Robbenarten war lange Zeit das Walross, das sowohl in der Nord- als auch der Südpolarregion lebt. Auf der arktischen Inselgruppe Spitzbergen begann die intensive Jagd auf Walrosse, nachdem der niederländische Seefahrer und Entdecker Willem Barents 1596 die Westküste der Hauptinsel als Erster genauer erkundet und große Walross-Bestände entdeckt hatte (Maribus WOR6, 2019). Mit der Zeit rottete der Mensch die Walrosse dort aus. Erst seit dem Verbot der Walrossjagd in den 1950er Jahren sind die Walrosse vermutlich vom russischen Franz-Joseph-Land-Archipel nach Spitzbergen wieder eingewandert (Blanchet et a. 2014).

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab es erste Berichte von großen Robbenpopulationen im Südatlantik. Damit begann bereits ein halbes Jahrhundert, bevor die Antarktis entdeckt wurde, die Jagd auf Südgeorgien, einer Insel im Südatlantik. Zunächst wurden vor allem die Antarktische Pelzrobbe und Seeelefanten gejagt. In den folgenden Jahrzehnten dehnten die Robbenfänger ihre Jagd dann auf weitere Inseln im Südatlantik bis zu den Südlichen Shetlandinseln aus. Auf den Kerguelen und den McDonald-Inseln stellte man vor allem den Pelzrobben nach. Bereits nach 20 Jahren waren die größten Populationen weitgehend ausgebeutet. Schließlich lebten nur noch einige wenige Hundert Tiere, die nach dem Ende der kommerziellen Robbenjagd um das Jahr 1900 den Grundstock für eine Erholung der Bestände bildeten. Ein wichtiger Grund für das Ende der Robbenjagd war unter anderem die Einführung von Petroleum als Lampenöl, welches das bis dahin vielfach verwendete Robbenöl ersetzte.

Auch Eisbären wurden über die Jahrhunderte bejagt. Ähnlich wie beim Walross begann auf Spitzbergen die intensive Jagd mit der Erkundung der Inselgruppe im 16. Jahrhundert. Danach wurde die Eisbärenpopulation dezimiert aber nicht gänzlich vernichtet. Heute stehen die Eisbären auf Spitzbergen und in der russischen Arktis vollständig unter Schutz. Grundsätzlich sind die Regelun-gen über die Eisbärenpopulation in verschiedenen Ländern heute unterschiedlich geregelt. Bei den arktischen Urvölkern in Alaska, Kanada und Grönland stellt die Jagd auf Eisbären einen wichtigen Teil der Kultur und Wirtschaft dar, daher sind die Regelungen hier weniger streng. In Grönland gilt seit 2006 eine maximale Fangquote, seit 2013 140 Tiere pro Jahr, und in Kanada verteilt ein Quotensystem eine limitierte Anzahl an erlaubten Abschüssen (Blanchet, 2014). In den USA sehen  Gesetze zum Schutz des Eisbären besondere Ausnahmen für an der Küste lebende Ureinwohner Alaskas vor, da Eisbären bis heute einen Teil ihres Lebensunterhaltes ausmachen, wozu auch die Herstellung und der Verkauf von Kunsthandwerk gehört. Sowohl das freiwillige Inuvialuit-Inupiat-Eisbären-Managementabkommen als auch das bilaterale Abkommen zwischen den USA und Russland über Eisbären, verbieten aber die Jagd weiblicher Eisbären mit ihren Jungen.

Wale wurden mehrere Jahrhunderte lang zunächst vor allem in arktischen Gewässern intensiv bejagt, was beispielsweise beinahe zur Ausrottung der Grönlandwale führte. Die intensive Jagd in der Antarktis wiederum begann mit der Entwicklung der Harpunenkanone, mit der es möglich wurde, auch die schnellen Furchenwale wie den Blauwal, den Seiwal, den Zwergwal und auch den Buckelwal zu erlegen. Auch der Bau der ersten Landstation zum Abspecken der getöteten Wale auf Südgeorgien im Jahr 1904 führte zur Intensivierung der Waljagd in der Antarktis (Maribus WOR6, 2019).

Erst mit der starken Abnahme der Walbestände begann man, die Tiere nach und nach unter Schutz zu stellen - im Jahr 1931 zunächst die bereits fast ausgerotteten Grönlandwale in der Arktis durch die Genfer Walfang-Konvention. Damals erhielten nur noch die indigenen Völker Genehmigungen zur Jagd auf Grönlandwale. Als Gegenleistung wurden sie dazu verpflichtet, regelmäßige Bestandsaufnahmen durchzuführen. Auch für sie blieb die kommerzielle Jagd verboten. Abgesehen von dem Schutzstatus für Grönlandwale änderte sich jedoch zunächst nicht viel. Andere Wale wurden weiterhin bejagt. In der Antarktis etwa erreichte der Walfang in der Saison 1930/1931 seinen Höhepunkt: Damals wurden in nur einem Jahr fast 15.000 Blauwale, rund 28.000 Finnwale und etwa 2.000 Buckelwale erlegt (Maribus WOR6, 2019). Vor allem Norwegen setzte lange Zeit stark auf den Walfang und jagte in antarktischen Gewässern selbst dann noch, als die Bestände bereits deutlich geschrumpft waren.

1945 kamen die Walfangnationen zu einer weiteren internationalen Konferenz zusammen, und am 2. Dezember 1946 wurde in Washington endlich die „International Convention for the Regulation of Whaling« (ICRW) verabschiedet. Diese trat 1948 in Kraft und legte das Fundament für die Gründung der Internationalen Walfang Kommission (International Whaling Commission, IWC). Die Etablierung dieser Kommission wurde von vielen Nationen unterschrieben. Jedoch setzten nicht alle der Parteien den Vertrag in Kraft, sodass sie auch weiterhin jagen konnten – beispielsweise Japan. In der Saison 1947/48 waren 15 Fabrikschiffe in der Antarktis; zwischen 1950 und 1960 durchschnittlich 20 Schiffe/Jahr (Deimer-Schütte, 2014).

Es wurde so vorgegangen, dass nach dem Zusammenbruch einer Walpopulation, Jagd auf andere Walarten gemacht wurde.  Nachdem beispielsweise in der Antarktis die Zahl der Blauwale drastisch gesunken war, machte man Jagd auf Finnwale und Seiwale und später auch auf die deutlich kleineren Zwergwale. Die IWC, welche bisher nur eine Formel eingeführt hatte, mit der sich Fangquoten vergleichen und dadurch regulieren ließen, konnte diese besorgniserregende Entwicklung, die von wirtschaftlichem Konkurrenzdenken befeuert wurde, nicht stoppen (Deimer-Schütte, 2014).

Verboten wurde die Waljagd zu kommerziellen Zwecken erst, nachdem Anfang der 1980er Jahre der öffentliche Druck zu groß geworden war. Dieses Moratorium trat 1986 in Kraft. Den indigenen Völkern in Sibirien und Alaska wurden Ausnahmen erteilt, da der Walfang für sie eine Lebensgrundlage darstellt und er außerdem ein wichtiger Teil ihrer Kultur ist. Darüber hinaus formulierten Norwegen, Japan, Südkorea und Island nach dem Moratorium eigene Ausnahmen, welche den Walfang aus wissenschaftlichen Gründen weiterhin zulassen. Auch heute noch werden von diesen Ländern Wale gejagt. Allerdings kann inzwischen wesentlich mehr Geld mit touristischen Schiffsexkursionen in Walgebieten erwirtschaftet werden als durch den Walfang (Deimer-Schütte, 2014).

Eine ganz andere Form der kommerziellen Nutzung der arktischen und antarktischen Ressourcen ist der wachsende Tourismus in den Polargebieten. Weil sie vergleichsweise gut erreichbar sind, werden vor allem die arktischen Ziele Alaska, Island und das nördliche Skandinavien seit vielen Jahren besucht. Nicht zuletzt aufgrund des wachsenden Interesses an Kreuzfahrten in die Polarregionen werden seit den 2000er Jahren auch Grönland und Spitzbergen stärker frequentiert. So hat Grönland pro Jahr rund 24.000 Besucher, Spitzbergen rund 40.000. Vor allem aber die Antarktis hat für viele Urlauber als letzte Wildnis des Planeten in den vergangenen Jahren an Anziehungskraft gewonnen. Inzwischen verkehren viele Kreuzfahrtschiffe zwischen November und März im Südpolargebiet. Gab es in der Saison 1992/1993 nur rund zehn Reiseveranstalter, die etwa 6.700 Besucher in die Antarktis brachten, so waren es in der Saison 2019/2020 bereits fast 50 Reiseveranstalter und rund 78.000 Touristen (Maribus WOR6, 2019). Noch vor wenigen Jahrzehnten wäre dies undenkbar gewesen, doch heute ist die Tourismusbranche bis in die isoliertesten Polargebiete vorgedrungen. Inzwischen gibt es neben Schiffsexkursionen auch Helikopterflüge, sportliche Aktivitäten im Schnee oder Wanderungen auf dem Eis. Das häufigste Reiseziel ist die Antarktische Halbinsel. Für die Arktis fehlt es an genauen Angaben zur Anzahl der Touristen.

Doch der wachsende Tourismus führt durchaus zu Problemen. So werden für den zunehmenden Tourismus nahe des Nordpols Infrastrukturen geschaffen, um den Reisenden mehr Komfort zu bieten (Mayer, 2014). Das schafft einerseits Arbeitsplätze, führt aber auch zu Problemen. Dazu zählen ein erhöhtes Müllaufkommen, die Verschmutzung von Land, Luft und Wasser durch den zunehmenden Flug- und Schiffsverkehr, ein steigendes Unfallrisiko, insbesondere für Kreuzfahrtschiffe, und Störungen der Tierwelt vor Ort. Andererseits tragen Urlaubsreisen in vergleichsweise unberührte Gebiete zu einem stärkeren Naturschutzbewusstsein und zu einem Verständnis der Reisenden für das Gebiet bei. Im besten Fall können diese Einsichten bis in die Politik getragen werden. Auch können die indigenen Siedlungen einen wirtschaftlichen Aufschwung erfahren. Zudem wird der Wert ihrer Traditionen möglicherweise stärker anerkannt. Außerdem entstehen durch die häufigeren Schiffsanfahrten und Kooperationen neue Möglichkeiten, um die Ureinwohner zu versorgen und zu vernetzen (Mayer, 2014).

Der Tourismus wird in Zukunft zunehmen. Mit dieser Entwicklung gehen die Vergrößerung der Kreuzfahrtschiffe und der Bau von infrastrukturellen und logistischen Einrichtungen an Land einher. Es wird ein Zertifizierungssystem angestrebt, das dazu dienen soll, Technik- und Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Außerdem sollen für die Organisatoren solcher Reisen Strukturen eingerichtet werden, welche über die Auswirkungen des Tourismus und die mögliche Minderung dieser Auswirkungen informieren. Lokale Richtlinien helfen schon jetzt, weil sie die touristische Nutzung der sensiblen Natur begrenzen. Dennoch muss in absehbarer Zukunft ein nachhaltiges Tourismuskonzept etabliert werden, um so Besucherzahlen zu regulieren (Mayer, 2014).

Mit der Zunahme der eisfreien Gebiete im Arktischen Ozean erschließen sich neue Möglichkeiten, die Energiereservoire des nördlichen Polarmeeres zu nutzen. Es wird vermutet, dass sich erhebliche Öl- und Gasvorkommen an der russischen Arktisküste und an der Nordostspitze von Grönland befinden. Weitere große Reservoire sind an der Küste Alaskas, Westkanadas und Nordnorwegens zu finden. Aktive Erdgas- und Erdölförderprogramme gibt es bereits an den Küsten von Alaska, Nordnorwegen und Schottland. So finden heute etwa zehn Prozent der weltweiten Erdöl- und rund 25 Prozent der Erdgasförderung in der Arktis statt (Maribus WOR6, 2019). Dennoch ist die Arktis heute im Hinblick auf die Rohstoffgewinnung in weiten Teilen noch unerschlossen, weil viele Rohstoffvorkommen noch gar nicht entdeckt worden sind. Der Geologische Dienst der Vereinigten Staaten (US Geological Survey, USGS) hat im Jahr 2008 mit der CARA-Studie (Circum-Arctic Resource Appraisal, CARA) ermittelt, wie groß die bislang unentdeckten Gas- und Ölvorräte vermutlich sind. Nach diesen Schätzungen lagern nördlich des Polarkreises etwa 30 Prozent aller noch unentdeckten Erdgasvorkommen der Welt und rund 13 Prozent der unentdeckten Erdölvorkommen (Maribus WOR6, 2019). Die Prognosen des USGS machen deutlich, dass einige Arktisstaaten über besonders große Vorkommen verfügen: zwei Drittel der Ressourcen liegen im eurasischen Teil der Arktis und das restliche Drittel in der nordamerikanischen Arktis. Dabei sind etwa 90 Prozent der Vorkommen in der eurasischen Arktis Erdgas dagegen die nordamerikanischen eher Erdöl (Maribus WOR6, 2019). Russland ist das rohstoffreichste Arktisland (etwa die Hälfte der bislang unentdeckten Vorkommen), ihm folgen die USA mit Alaska mit einem Fünftel und gefolgt von Norwegen, Dänemark / Grönland und Kanada (Maribus WOR6, 2019). Doch selbst das Wissen über eine Lagerstätte bedeutet in der Realität nicht, dass diese auch ausgebeutet wird. So gibt es arktisweit mehrere Vorkommen, die seit bis zu 50 Jahren bekannt sind, bislang aus Rentabilitäts- oder Umweltschutzgründen jedoch nicht erschlossen wurden. Das gilt insbesondere für Lagerstätten in der nordamerikanischen Arktis, wo die Öl- und Gasförderung allein durch die Marktnachfrage bestimmt wird. In Russland hingegen besitzt die Ressourcenförderung auch eine strategische und politische Bedeutung.

Durch die Nutzung dieser Vorkommen ergeben sich einerseits viele neue Möglichkeiten und ein großes wirtschaftliches Potential, andererseits gehen damit auch Gefährdungen einher. Eine erhöhte Schadstoffbelastung, wie sie zum Beispiel durch Blow-Out-Unfälle (unkontrollierter Ausbruch von Öl, Gas und anderen Materialien aus einem Bohrloch, der schwerwiegende Umwelt- und Gesundheitsrisiken darstellen können) auf Ölbohrinseln entstehen kann, hat im sensiblen polaren Ökosystem langfristige und schwerwiegende Auswirkungen. Wegen der niedrigen Temperaturen wird Öl sehr langsam abgebaut. Auch halten sich Schadstoffe über einen längeren Zeitraum im arktischen Ökosystem. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu anderen Ozeanen, in denen wärmere Temperaturen herrschen. Dort können Schadstoffe und insbesondere auch chemische Verbindungen im Öl über Verdunstung aus dem Meer austreten.

Öl wirkt auf die meisten Meereslebewesen toxisch und kann somit große Schäden anrichten, wenn es nach einem Unfall in die Wassersäule gelangt. Noch problematischer ist ein Ölunfall, wenn das Wasser von Eis bedeckt ist. Das Öl kann durch Salzlaugenkanäle ins Eis eindringen oder aber mit Wellen auf das Eis gespült werden. Die großflächige Bewegung des Meereises sorgt außerdem für eine weite Verteilung des Öls und der Schadstoffe. Normalerweise werden Ölteppiche, die auf dem Wasser treiben, mit Chemikalien aufgelöst, und gelegentlich auch abgebrannt (Lange, 2014). In Gebieten mit Eisbedeckung wäre dies kaum möglich. Als beste technische Lösung gilt, ölabbauende Mikroorganismen einzusetzen, um den natürlichen Ölabbau zu verstärken und zu beschleunigen (induzierte Bioremediation). Diese Methode war bisher erfolgreich und wird laufend kontrolliert und weiterentwickelt. Allerdings läuft der Abbau bei niedrigen Temperaturen vergleichsweise langsam ab.

Eine weitere Gefahr ist die Freisetzung von rußigem Kohlenstoff, der bei der Verbrennung von Gas und Öl an den Förderstätten frei wird. Der Ruß lagert sich auf dem Eis ab und führt zu einer Verdunkelung der Fläche. Dadurch verringert sich die Albedo, also das Vermögen des Eises, Sonnenstrahlung zu reflektieren. Durch diese Verdunkelung absorbiert das Eis an der Oberfläche mehr Sonnenstrahlung und erwärmt sich schneller, wodurch sich die Eisschmelze beschleunigt. Die Konsequenzen, die eine verfrühte Eisschmelze für den Lebensraum Arktis und die Nahrungsnetze hat, ist bisher nur teilweise verstanden (Lange, 2014).

Blanchet M-A., M. Aquarone & U. Siebert (2014): Arktische Robben und Eisbären – Auswirkungen von Klimaerwärmung und Ressourcennutzung. In: Lozán, J.L., H.Grassl, D.Notz & D.Piepenburg: WARNSIGNAL KLIMA: Die Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, pp. 183- 191. ISBN: 978-39809668-63
Deimer-Schütte P. (2014): Warnsignale Walfang. In: Lozán, J.L., H.Grassl, D.Notz & D.Piepenburg: WARNSIGNAL KLIMA: Die Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, pp. 192-199. ISBN: 978-39809668-63
Lange M. A. (2014): Die Nutzung von Öl- und Gasvorkommen in einer nahezu eisfreien Arktis. In: Lozán, J.L., H.Grassl, D.Notz & D.Piepenburg: WARNSIGNAL KLIMA: Die Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, pp. 340 - 360. ISBN: 978-39809668-63
Maribus gGmbH (Ed.) (2019): Arktis und Antarktis – extrem, klimarelevant, gefährdet. In: World Ocean Review, Band 6, pp. 216, 288, 289, 292, 258, 259, 276, 261 ...
Mayer M. (2014): Tourismus und seine Auswirkungen. In: Lozán, J.L., H.Grassl, D.Notz & D.Piepenburg: WARNSIGNAL KLIMA: Die Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, pp.327 - 334. ISBN: 978-39809668-63
Siegel V. (2014): Einfluss von Fischerei und Klima auf die Bestände des antarktischen Krill. In: Lozán, J.L., H.Grassl, D.Notz & D.Piepenburg: WARNSIGNAL KLIMA: Die Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg. pp. 145 - 151. ISBN: 978-39809668-63