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Meereisausdehnung in der Arktis geht mit großen Schritten auf das sommerliche Minimum zu

Meereisminimum Atmosphäre Arktis

„Den Albedoeffekt halte ich in der Arktis für sehr gering. Die Konzentration von absorbierendem Aerosol reicht vermutlich nicht aus, um die Bodenalbedo deutlich zu verringern. Da sind die Eiseigenschaften, die Bodenrauigkeit viel wichtiger“.

Nachdem sich die Meereisausdehnung in der Arktis in der ersten Juli-Hälfte mit einer moderaten Abnahme am unteren Rand der zwei-Sigma Bandbreite des langjährigen Mittels mit etwa 92.000 km² / Tag bewegt hat, hat sich der Rückgang des Meereises in der zweiten Monatshälfte deutlich beschleunigt (110.000 km² / Tag). Das entspricht in etwa der Landesfläche von Bulgarien (Abb. 1). Der Monatsmittelwert betrug 7,89 Millionen km², was dem siebtniedrigsten jemals im Juli gemessen Wert entspricht und deutlich unterhalb des langjährigen Mittels aber knapp oberhalb der Juli-Trendlinie liegt (Abb. 2). Während das Schmelzen des Meereises in der ersten Monatshälfte vornehmlich im eurasischen Küstenbereich (Barents, Kara- und Laptevsee) stattfand, hat sich die Meereisbedeckung zum Ende des Monats von der Beaufortsee ins Kanadischen Becken hinein geöffnet und es hat sich dort ein großes eisfreies Gebiet gebildet. Die Hudson- und Baffin Bay sind Ende Juli nahezu komplett eisfrei geworden (Abb. 3).

Im Monatsmittel zeigte der Juli 2018 eine größere Eisausdehnung im pazifischen Sektor (Tschuktschen See und Ostsibirische See) im Vergleich zum letzten Jahr, aber eine deutlich geringere Eisausdehnung im atlantischen Sektor (Abb. 4 links). Hier hatte die Eisschmelze schon früh in diesem Jahr begonnen. Im Vergleich zum Langzeitmittel 1981 – 2010 ist die Eiskante im pazifischen Einzugsgebiet nahezu ähnlich gelagert, aber die Regionen mit weniger Eis im atlantischen Einflussbereich sind sehr deutlich zu erkennen (Abb. 4 rechts).

Meteorologische Bedingungen im Juli

Im Juli gab es weiterhin ausgeprägt niedrigen Luftdruck auf Meeresspiegelhöhe über dem zentralen Arktischen Ozean (Abb. 5). Ein Wettermuster, das normalerweise die Reduktion des arktischen Meereises im Sommer bremst und auch in den letzten beiden Jahren das Wetter bestimmt hat. Ebenfalls hielt sich der niedrige Luftdruck auf Meeresspiegelhöhe über Grönland verbunden mit hohem Luftdruck über dem Norden Europas und Sibiriens sowie über Alaska und Kanada. Dies ist verbunden mit Lufttemperaturen auf 925 hPa (ungefähr 750 m) in Bereichen von 0,5 °C bis 3,0 °C unter dem langjährigen Durchschnitt über der Kara- und Laptewsee und zwischen 0,5 °C bis 1,5 °C über der Beaufortsee und dem Kanadischen Becken. Über dem Nordpol lagen die Temperaturen ungefähr beim langjährigen Mittelwert oder leicht darüber (bis +1,0°C). Über Grönland lagen die Temperaturen etwa 2,0° C unter dem langjährigen Durchschnitt (Abb. 6).
Der Juli 2018 brachte Skandinavien einige Hitzerekorde. In Finnland (Turku) stieg das Thermometer sogar auf 33,3 °C am 17. Juli, der höchsten Temperatur seit 1914. Am Flughafen in Trondheim in Zentralnorwegen wurde eine Temperatur von 32,4 °C am 16. Juli gemessen. In Bardufoss südlich von Tromsø beim nördlichen Polarkreis wurde mit 33,5 °C am 18. Juli ein Rekordwert gemessen. In Schweden gab es mehr als 40 Waldbrände verteilt über das Land während dieser noch nie dagewesenen Hitzewelle Mitte Juli. Waldbrände gab es ebenfalls in Lappland und Lettland. Nicht nur in Skandinavien trat diese Hitzewelle und Trockenheit auf: in ganz Westeuropa herrschten diese extremen Bedingungen vor. Griechenland wurde von heftigen Waldbränden heimgesucht, in denen fast 90 Personen den Tod fanden. Auch in Japan gab es eine extreme Hitzewelle, aufgrund derer mehr als 65 Personen starben und 22.000 in Krankenhäusern behandelt werden mussten. (Quelle: NSIDC). In Deutschland hat die „Blocking“-Situation durch das stationäre Hochdruckgebiet über Nordeuropa zu einer lange nicht da gewesenen Hitze und Dürreperiode geführt, die insbesondere die Landwirtschaft vor große Herausforderungen und Probleme gestellt hat. 

Rauch von Waldbränden in Sibirien über dem Arktischen Ozean

Brände im Westen der Vereinigten Staaten waren oft Thema der Nachrichten in den vergangenen Wochen. Weniger Aufmerksamkeit bekamen jedoch die erheblichen Brände in Sibirien. So zeigen Satellitenbilder vom 3. bis zum 6. Juli auf der Webseite des NSIDC eine Rauchausbreitung über dem Arktischen Ozean, die von diesen Bränden stammt. Die Rauchfahnen wurden für mehrere Tage von Winden in Kombination mit einem Tiefdruckgebiet in den Arktischen Ozean getrieben. Der Rauch breitete sich über der Ostsibirischen-, der Tschuktschen-, und der Beaufort-See aus und gelang wahrscheinlich über Alaska ebenfalls nach Nordkanada (siehe Abbildung 7). Der Rauch kann zwei mögliche Effekte auf das Meereis haben: zu Beginn, streuen die Rauchpartikel die Sonneneinstrahlung und reduzieren somit den Grad der an der Erdoberfläche ankommenden Sonneneinstrahlung. Dieser  Kühlungseffekt kann die die Meereisschmelze reduzieren. Allerdings verdunkeln Rußpartikel, die sich auf dem Eis ablagern (sogenanntes „black carbon“), die Oberfläche und reduzieren damit die Reflektion der Oberfläche, die sogenannte Albedo. Dies erhöht die Menge der absorbierten Sonneneinstrahlung durch das Eis und erhöht die Eisschmelze. Der atmosphärische Streueffekt des Rauchs ist ein kurzfristiger Effekt, der sich rasch auflöst, nachdem sich der Rauch verzogen hat. Der Albedo-Effekt der Oberfläche hat hingegen eine Langzeitwirkung und könnte das Schmelzen während des Sommers verstärken. Das Ausmaß dieses Effektes ist jedoch davon abhängig, wie viele Rußpartikel sich auf der Oberfläche abgesetzt haben, wie die Hintergrund-Albedo der Oberfläche beschaffen ist, auf welcher sich die Partikel ablagern, wie auch von der Menge der Wolken, die das einfallende Sonnenlicht reduzieren. Der Größte Effekt würde auf hellem, schneebedecktem Eis entstehen und wäre geringer auf dunklerem, bereits schmelzendem Eis, sowie auf Schmelztümpeln. In offenen Gewässern würde kein Effekt entstehen. (Quelle NSIDC

Wir haben Dr. Christoph Ritter, Mitglied der Arbeitsgruppe Physik der Atmosphäre des AWI in Potsdam, zur Einordnung dieses Phänomens befragt: „Bei dem Strahlungsantrieb der Rauchpartikel (Aerosole) kommt es immer auf den Unterschied zwischen der Bodenalbedo und der Aerosolalbedo an. Über hellen Flächen, wie frischem Schnee, wirkt das Aerosol erwärmend, denn ohne Aerosol würde das Sonnenlicht vom hellen Boden wieder ins Weltall reflektiert werden. Ein Teil des Sonnenlichtes wird so aber in der Aerosolschicht absorbiert und erwärmt die Atmosphäre. Über dunklen Boden kühlt das Aerosol, denn das Aerosol absorbiert in der Atmosphäre i.d.R. weniger, als über dem dunklen Boden absorbiert wird. Das Aerosol bewirkt aber durch Streuung, dass deutlich weniger Sonnenlicht am Boden ankommt“. „Also gleiches Aerosol über hellem Boden: leichte Erwärmung der Atmosphärenschicht, in dem das Aerosol ist. Über dunklem Boden: deutliche Abkühlung der Oberfläche“, fasst Christoph Ritter zusammen. „Den Albedoeffekt halte ich in der Arktis für sehr gering. Die Konzentration von absorbierendem Aerosol reicht vermutlich nicht aus, um die Bodenalbedo deutlich zu verringern. Da sind die Eiseigenschaften, die Bodenrauigkeit viel wichtiger“. 

Meereisvorhersage für das Septemberminimum

Die Periode des jährlichen Sea Ice Outlook 2018  (Sea Ice Prediction Network, SIPN), geht mit der Vorhersage Anfang August dem diesjährigen Ende zu. Das AWI hat sich auch in diesem Jahr mit zwei Methoden an der Vorhersage beteiligt, einem statistischen Verfahren und einem modellbasierten Ansatz (mehr Informationen hier). Die Bilanz für dieses Jahr sieht aus beiden Methoden sehr ähnlich aus:

Demnach erwarten wir eine mittlere Meereisausdehnung für den September 2018 von 5,15  ± 0,58 Millionen km², was einen anhaltend niedrigen Wert im Beobachtungszeitraum seit 1979 darstellen würde. „Neben der mittleren Gesamtsaudehnung ist natürlich die räumliche Verteilung des Meereises von besonderem Interesse, die wir aber erst nach Durchschreiten des absoluten Minimums und zum Ende des Monats in der Gesamtschau beurteilen können“, kommentiert Dr. Monica Ionita-Scholz den diesjährigen Vorhersagezeitraum.

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