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Übernahme des „Atlas of Antarctic Sea Ice Motion“ des KIT in das Daten- und Informationsportal meereisportal.de

Antarktis

Kontinuierliche Datensätze aus den Polargebieten sind wertvolle Zeugen des Klimawandels. Ein Beispiel hierfür ist die Zusammenführung der in-situ-Bojendaten, der Fernerkundungsdaten der Meereisbewegung und der Reanalysedaten des ECMW im Eisatlas.

Hierzu zählen auch Daten zur Meereisentstehung und -dynamik im antarktischen Packeisgürtel. Mit dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Antarktisvertrag 1979 und dem Bau einer dauerhaft betriebenen Antarktisstation Georg-von-Neumayer war die Grundlage für regelmäßige Untersuchungen in dieser sonst schwer zugänglichen Region gegeben.

Einige Jahre nach Inbetriebnahme der Georg-von-Neumayer-Station wurde im Rahmen der „Winter Weddell Sea Study“ 1986 mit dem Forschungsschiff Polarstern damit begonnen, automatische Messbojen im winterlichen Meereis der Antarktis auszubringen. Forscher der damaligen Deutschen Demokratischen Republik hatten zwar auch zuvor in der Antarktis gearbeitet, waren aber auf diesem Gebiet nicht tätig. Vorher waren bereits seit 1978 erste Bojenmessungen durch US-Kollegen im Weddellmeer begonnen worden. Die eisverstärkten Bojen für meteorologische, ozeanographische und teilweise Meereis-glaziologische Messungen waren eine neue Möglichkeit, auch aus den schwer zugänglichen Meereisgebieten Informationen über Temperaturen in der Atmosphäre, Eis/Schnee und Wasser, Eisbewegung und Wind zu erfassen.

Da erste ähnliche Messungen auch von australischen, US-amerikanischen, finnischen, norwegischen, englischen sowie italienischen Gruppen begonnen wurden, lag es nahe, die Ausbringungen der Geräte, die Datenerfassung und den Datenaustausch international zu koordinieren. Dies geschah im Rahmen des neuen „International Project on Antarctic Buoys, IPAB“ (mit Ch. Kottmeier als Sprecher, damals AWI / Universität Bremen) als Teil des „World Climate Research Programmes, WCRP“ seit etwa 1990. In der Grundidee folgte das IPAB dem arktischen Bojenprogramm IABP, erwies sich aber schwerer zu realisieren. Die Natur der Eisbewegung in der Antarktis führt häufig zu divergenter Bewegung des Eises und der darauf verankerten Bojen zu den umliegenden Ozeanen, durch sie dann ausfallen und zerstört werden. Im Gegensatz dazu führt das fast geschlossene arktische Becken zu deutlich längeren Betriebszeiten von Meereisbojen und ist außerdem zugänglicher für das Absetzen einfacher Bojen von Flugzeugen aus. Durch das fast vollständige Abschmelzen des antarktischen Meereises im Sommer und die mechanischen Belastungen innerhalb des dünneren Eises sind deshalb die Bojen meistens nur wenige Monate bis zu einem Jahr in Betrieb.

Trotz dieser Schwierigkeiten entstand in den Jahren bis 1997 ein recht großer Datensatz einzigartiger in-situ-Messungen, welche allerdings noch nicht systematisch zusammengeführt worden waren. Die Eisdriftmessungen erlaubten in vielen lokalen und regionalen Studien viele neue Erkenntnisse über die Eisdynamik unter Einfluss von Wind und Ozeanbewegung, über Polynjenentstehung an Küsten und im Eisinneren, über den Wärmeaustausch und die Eisbildung. Die räumlichen und zeitlichen Lücken der mittels der satellitengeorteten Bojen bestimmten Eisdrift erlaubten jedoch keine vollständige Schätzung der zirkum-antarktischen Kinematik und Dynamik.

In dieser Situation erwies sich die Nutzung neuer Verfahren aus der Mikrowellenfernerkundung des Meereises (SSMR, SSM/I) als sehr gut komplementär. Die Verfahren beruhten auf der Mustererkennung und -verfolgung typischer Strukturen auf der Skala von etwa 10 km. Die Daten wurden vom JPL der NASA (Dr. M. Drinkwater und Kollegen) aufbereitet und verfügbar gemacht. Zudem konnten die sogenannten Reananalysen meteorologischer Felder des Europäischen Zentrums für Mittelfristige Wettervorhersage, ECMW, insbesondere für die Windfelder herangezogen werden.

Nach dem Wechsel von Christoph Kottmeier 1997 von AWI / Universität Bremen zum heutigen KIT ergab sich dann durch eine DFG-Projektförderung am KIT die Möglichkeit für einen umfassenden Vergleich und eine Zusammenführung der in-situ-Bojendaten, der Fernerkundungsdaten der Meereisbewegung und der Reanalysedaten des ECMW. Die räumlichen Bewegungsfelder und viele andere Variable decken mit einer zeitlichen Auflösung von wenigen Tagen, einer räumlichen Auflösung von einigen Kilometern zirkumpolar die Antarktis von 1978 bis 1997 ab. Es wurden viele abgeleitete Größen, z. B. die „differential kinematic properties“ der Eisbewegung (Rotation, Divergenz und Scherung) berechnet. Die numerischen Daten sowie ein erheblicher Umfang von auswählbaren Darstellungen wurden in dem Web-öffentlichen Atlas of Antarctic Sea Ice Motion verfügbar gemacht. Die Analysen gingen u. a. in eine Dissertation (Dr. Carolin Schmitt) und eine Reihe von internationalen Publikationen ein. „Der Atlas ist sicher eine wichtige Grundlage für die sehr aktuellen Diskussionen über Klimaveränderungen in der Antarktis“, beschreibt Christoph Kottmeier heute die Bedeutung des Web-Atlas.

Mit dem Eintritt in den Ruhestand von Christoph Kottmeier im Jahr 2020 war am KIT jedoch die dauerhafte Bereitstellung der Daten nicht mehr gesichert. Deshalb waren es glückliche Umstände, dass das AWI und das KIT als Helmholtz-Zentren bereits enge Kooperationen entwickelt hatten, z. B. über die vier Helmholtz-Klimabüros, den Helmholtz-Forschungsverbund „Regionale Klimaänderungen und Mensch“ (REKLIM) und seit 2021 auch durch das gemeinsame Helmholtz-Forschungsprogramm The Changing Earth, und so zusammengerückt sind und gut kooperieren. Der KIT-Atlas of Antarctic Sea Ice Motion wurde daraufhin für eine dauerhafte Bereitstellung vom meereisportal.de am AWI übernommen und kann zukünftig auch mit anderen Datensätzen nach 1998 zusammengeführt werden. Der überführte Eisatlas kann hier abgerufen werden.

„Insgesamt ist aber hierdurch eine dauerhafte Sicherung wichtiger Langzeitdaten der jüngeren Geschichte der Antarktisforschung erfolgt und so Datensätze für zukünftige Forschergenerationen dauerhaft zugänglich gemacht“, unterstreicht Dr. Renate Treffeisen vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven. Ihr Kollege Dr. Klaus Grosfeld ergänzt: „Die Daten können z. B. für die Validierung von Meereismodellen, für die Beurteilung von klimatischen Änderungen im Südpolarmeer und die weitere Untersuchung kleinräumiger Prozesse sowie der lokalen Meereisdynamik, Polynjenentstehung und Gezeiteneffekte genutzt werden.“

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Bildschirmfoto des integrierten Eisatlases.