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Passive Mikrowellensensoren (Radiometer)

Radiometer

Eine ganzjährige tägliche Satellitenüberwachung der Eisausdehnung beruht auf der Messung der vom Eis und der Meeresoberfläche emittierten Mikrowellen-Strahlung. Passive Mikrowellen-Sensoren (Radiometer) auf Satelliten (ESMR, SMMR, SSM/I, und AMSR-E/AMSR2) liefern seit etwa 50 Jahren regelmäßig die nötigen Daten. Daher sind satellitengestützte Mikrowellenradiometer ohne Zweifel die „Arbeitstiere“ unter den Satelliten in dieser Disziplin.

Jedes Objekt auf der Erde emittiert nicht nur Infrarotstrahlung, sondern auch Mikrowellen. Ein Mikrowellenradiometer misst die im Mikrowellenspektrum von der Erde und von jedem Objekt, dessen Temperatur über dem absoluten Nullpunkt von -273,15 Grad Celsius liegt, emittierte natürliche Eigenstrahlung. Gerade im Mikrowellenbereich ist die Atmosphäre für viele Frequenzen transparent. Bei den verwendeten Mikrowellenfrequenzen (unter ca. 100 GHz, d. h.  Wellenlängen über 3 mm) emittieren und absorbieren Wolken fast keine Mikrowellenstrahlung, sind also quasi transparent, so dass man das Meereis ohne den störenden Einfluss der Bewölkung untersuchen kann. Des Weiteren sind die passiven Mikrowellensensoren tageslichtunabhängig, da sie ja die emittierte, thermische Mikrowellenstrahlung messen, was gerade in den Polarregionen unabdingbar ist und einen entscheidenden Vorteil gegenüber optischen Sensoren darstellt.

Die Emission von Mikrowellen ist im Gegensatz zu Infrarotstrahlung zudem nicht nur an die Temperatur eines Objektes, sondern auch an sein Material geknüpft. Dafür sind aber die physikalischen Eigenschaften wie die Molekülzusammensetzung und die Kristallstruktur für die Menge der emittierten Mikrowellenstrahlung bestimmend. Die kristalline Struktur von Eis emittiert typischerweise mehr Mikrowellenstrahlung als das flüssige Wasser des Ozeans, wodurch beide vom Sensor sehr einfach unterschieden werden können. Darüber hinaus können Mikrowellenradiometer gut zwischen ein- und mehrjährigem Eis unterscheiden. Selbst wenn das Meereis mit Schnee bedeckt ist, sind die Unterschiede für das Radiometer erkennbar, da frischer Schnee in dem verwendeten Mikrowellenfrequenzbereich durchlässig für die vom Eis emittierte elektromagnetische Strahlung ist.

Wie oben erwähnt, arbeiten passive Mikrowellensensoren, die Meereis beobachten, bei Frequenzen zwischen 100 GHz und 1 GHz, d. h. Wellenlängen zwischen 0,3 und 30 Zentimetern. Bei diesen großen Wellenlängen ist das räumliche Auflösungsvermögen gering. Die räumliche Auflösung von den AMSR-Sensoren beträgt je nach Frequenz (7 bis 89 GHz) zwischen 50 und drei Kilometern. Details, wie zum Beispiel Eisrinnen, sind so nur teilweise erkennbar. Für andere Zwecke, wie etwa die Bestimmung der mittleren Temperatur eines Gebietes als Eingangsgröße für ein Wettervorhersagemodell, stellt die räumliche Mittelung einen Vorteil im Vergleich zu Punktmessungen mit einem Instrument vor Ort dar.

Wegen ihrer Fähigkeit, Meereis durch Wolken und ganztägig zu messen, liefern passive Mikrowellensensoren ein nahezu vollständiges Bild der Meereisbedeckung in den Polargebieten. Sie sind bestens geeignet, einen weiträumigen Überblick über die globale Meereisbedeckung zu geben, zeitlich stark variable Prozesse im Meereis wiederzugeben und ermöglichen es, langfristige Veränderungen in der Meereisbedeckung zu beobachten. Die in Meereisportal dargestellten täglichen Eiskonzentrationskarten werden aus Daten des AMSR2-Sensors berechnet.

Seit dem Start des Satelliten Nimbus-5 (Sensor: ESMR – Electrically Scanning Microwave Radiometer“) im Jahre 1972 liegen konsistente und detaillierte Informationen über die großräumigen Eigenschaften und die Veränderungen der globalen Meereisbedeckung vor. 1978 startete die NASA das „Scanning Multichannel Microwave Radiometer (SMMR) und ab 1987 eine Reihe von DMSP Special Sensor Microwave / Imager (SSM/I) Sensoren.

Der Start der beiden fast identischen Systeme AMSR (an Bord des japanischen ADEOS-II, „Advanced Earth Observing Satellite II“) und AMSR-E (des NASA „Earth Observing Systems“ Aqua (EOS)) im Jahr 2002 markierte den Beginn einer neuen Ära der passiven Mikrowellenmessungen. AMSR-E misst die von der Erde emittierten Mikrowellen im Frequenzbereich zwischen 7 und 89 GHz. Mit der Einführung von AMSR beziehungsweise AMSR-E zeigten sich Verbesserungen in einer erhöhten zeitlichen und räumlichen Auflösung (bis zu 5 km) und einem breiter verwendbarem Spektralbereich (was zum Beispiel die Messung zusätzlicher Parameter, wie der Eistemperatur, ermöglicht). Die Messungen von AMSR-E mussten im Oktober 2011 eingestellt werden. Der verbesserte Nachfolger AMSR2 auf GCOM-W1 wurde erfolgreich am 18. Mai 2012 in die Umlaufbahn geschickt und liefert seit August 2012 Messdaten. Zum zehnjährigen Jubiläum gab es nun kürzlich Neuigkeiten zum abermals verbesserten Nachfolger AMSR3 auf GOSAT-GW – dieser wird nun voraussichtlich zwischen April 2023 und März 2024 die Zeitreihe seiner Vorgänger fortsetzen können.

Doch auch von europäischer Seite gibt es Pläne, in naher Zukunft einen passiven Mikrowellen Sensor ins All zu starten. Die „Copernicus Imaging Microwave Radiometer“, kurz CIMR, getaufte Mission wird vorrausichtlich zum Ende der 2020er Jahre an den Start gehen, u. a. um potentielle Beobachtungslücken zu füllen.

Die aktuelle Meereisausdehnung basierend auf AMSR2-Daten kann auf dieser Webseite abgerufen werden, wie auch die dazugehörigen Daten und Datenprodukte über das Datenportal. Weitere Daten und regionale Karten zur aktuellen Meereisausdehnung finden sich auf der Seite des Instituts für Umweltphysik der Universität Bremen.

Seit Ende 2010 beobachtet der ESA-Satellit SMOS (Soil Moisture and Ocean Salinity, d.h. Bodenfeuchte und Ozean-Salzgehalt) die Erde bei 21 cm Wellenlänge entsprechend 1,4 GHz (L-Band). Bei dieser niedrigen Mikrowellenfrequenz ist eine Apertursynthese aus den Messungen von 69 einzelnen, entlang eines dreiarmigen Sterns angeordneten Radiometern erforderlich, um eine Auflösung am Boden von 35 bis 50 km zu erreichen. Zusätzlich zu den ursprünglichen Missionszielen (Messung der Bodenfeuchte und des Salzgehalts im Ozean) wird aus den Beobachtungen von SMOS täglich die Dicke von dünnem Meereis bis 50 cm bestimmt. Die Kombination mit von Cryosat-2 abgeleiteten Eisdicken erlaubt es, von den Stärken der jeweiligen Systeme zu profitieren und annähernd das gesamte Spektrum der Meereisdickenverteilung mit hinreichender Genauigkeit zu erfassen.

Dünnes Meereis tritt während der Frostsaison auf. In der Schmelzsaison ist die Dicke von Meereis stark variabel. Darüber hinaus ändern sich in der Arktis die Eigenschaften des Emissionsvermögens in Abhängigkeit von der Oberflächenfeuchtigkeit und dem Auftreten von Schmelztümpeln. Deshalb werden die Daten für die Dicke von dünnem Meereis nur während der Frostsaison von Oktober bis April in der Arktis und von März bis September in der Antarktis berechnet. Während der Schmelzsaison können keine sinnvollen Ergebnisse für die Meereisdicke aus SMOS Daten abgeleitet werden. Da die Auflösung der SMOS Daten bei dem verwendeten Beobachtungswinkel ungefähr 40 km beträgt, werden nur größerer Gebiete von dünnem Meereis korrekt abgeleitet.