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Saisonales Maximum der Meereisausdehnung in der Arktis und Minimum in der Antarktis erreicht

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Das Meereisminimum in der Antarktis liegt auch 2024 bei einem ähnlich niedrigen Wert wie im letzten Jahr. Die Eisbedeckung in der Arktis erreicht ihr Maximum, das in diesem Jahr deutlich oberhalb des Langzeittrends liegt.

Entwicklung in der Arktis

Der leichte Erholungstrend seit dem Erreichen des arktischen Minimums setzt sich auch am Anfang des Jahres 2024 fort, die Meereisausdehnung liegt zum Jahresbeginn zwar unter dem Mittelwert der Jahre 1981 – 2010, aber im unteren Bereich der Bandbreite der Extremwerte (Minimum / Maximum) dieser internationalen Klimanormalperiode (Abbildung 1). Betrachtet man die seit 2021 durch die Weltorganisation für Meteorologie neu eingeführte Vergleichsperiode 1991 – 2020 so verläuft der Januar 2024 in etwa entlang des Mittelwertes dieser Periode (siehe interaktive Graphik). Die durchschnittliche arktische Meereisausdehnung betrug im Januar 13,99 Millionen Quadratkilometer und war damit um circa 400.000 Quadratkilometer größer als die Eisbedeckung im Januar der letzten 20 Jahre (Abbildung 2). Während des Monats nahm die Ausdehnung täglich um circa 29.000 Quadratkilometer zu, was ein langsameres Wachstum war als der durchschnittliche Anstieg von 1981 bis 2010.

Im Januar war es über der zentralen Arktis relativ warm. Die Temperaturanomalien auf 925 hPa lagen in der zentralen Arktis und im Kanadischen Archipel bis zu 6 Grad Celsius über dem langjährigen Durchschnitt. Die Lufttemperaturen in der Beringsee lagen 2 bis 3 Grad Celsius über dem Durchschnitt. Über der Ostsibirischen See war es etwas kühler als im Langzeitmittel (siehe Abbildung 3).

Das diesjährige Maximum der Meereisausdehnung hat sich sehr wahrscheinlich am 27. Februar mit 14,94 Millionen Quadratkilometern eingestellt. Im Monatsmittel betrug die Eisausdehnung im Februar 14,65 Millionen Quadratkilometer und liegt damit an der sechzehnten Position der Liste der niedrigsten Eisausdehnungen seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen im Jahr 1979. Im Vergleich zum langjährigen Mittelwert der Jahre 2003 – 2014 ist auffällig, dass die Meereisbedeckung in der nördlichen Barentssee geringer ausfällt, dafür aber die Grönlandsee sowie die nördliche Ostsee im Bottnischen Meerbusen und die Küstenzonen der Barentssee ausgedehntere Meereisflächen aufweisen. Dies deutet auf niedrigere und länger anhaltende Kälteperioden in diesen Regionen hin.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Meereisausdehnung in diesem Jahr über dem Niveau der letzten Jahre halten kann und wie sich das Aufbrechen der Eisbedeckung entwickeln wird.

Entwicklung in der Antarktis

Nach der außergewöhnlichen Meereisentwicklung des Jahres 2023, in denen in acht von zwölf Monaten neue Niedrigwerte in der Eisausdehnung erreicht wurden, ist die Meereiskonzentration in der Antarktis am 01.01.2024 mit 5,85 Millionen Quadratkilometer gestartet. Der Monatsmittelwert der Eisausdehnung im Januar betrug 3,98 Millionen Quadratkilometer und erreichte damit den sechstniedrigsten Wert seit dem Beginn der kontinuierlichen Satellitenaufzeichnungen. Im direkten Vergleich sind dies etwa 760.000 Quadratkilometer mehr als im Januar 2023 mit der niedrigsten Meereisausdehnung zwischen 1979 und 2024. Besonders gering war die Eisausdehnung in der Ross-, Bellingshausen- und Amundsen-See, während sie im Weddellmeer nahezu durchschnittlich war und deutlich größer als im vergangenen Jahr (Abbildung 4). In den ostantarktischen Sektoren ist insgesamt nur noch wenig Meereis vorhanden.

Am 17. Februar wurde das Minimum der Eisausdehnung in der Antarktis mit 2,26 Millionen Quadratkilometern erreicht und liegt damit nur ca. 258.000 Quadratkilometer oberhalb des letztjährigen Rekordminimums und belegt mit dem Jahr 2022 den zweitniedrigsten Platz für den Monat Februar. Im Monatsmittel für Februar belegt das Jahr 2024 mit 2,40 Millionen Quadratkilometern den zweitniedrigsten Platz und setzt damit die Entwicklung der letzten acht Jahre mit Werten unterhalb des Langzeittrends fort (Abbildung 5). Eine Ursache dieser Entwicklung kann in der weiterhin vorhandenen Anomalie der Lufttemperatur im Bereich der Westantarktis und der offenen Ozeanflächen des Weddellmeeres, der Ross- und der Amundsensee liegen, die im Monatsmittel Februar etwa 1,5 – 2 °C oberhalb des Langzeitmittels lag (Abbildung 6). Im Bereich des Coats-Land und Königin-Maud Land liegt die Lufttemperatur bis zu 6 °C oberhalb des langjährigen Mittelwertes. Der Wärmeinhalt des Ozeans zusammen mit der atmosphärischen Zirkulation werden nun als Einflussfaktoren mitbestimmen, wie sich die Eisneubildung und das Eiswachstum im beginnenden Spätsommer und Herbst entwickeln wird.

Rolle des Meereises im globalen Klimasystem - Background

Meereises in den Polarregionen ist ein bedeutender Indikator für Klimaänderungen. Es ist dabei vor allem auch ein wichtiger Einflussfaktor auf großskalige Prozesse wie die Eis-Albedo-Rückkopplung oder die Zirkulationsmuster von Ozean und Atmosphäre. Meereis reflektiert die solare Einstrahlung um bis zu 90 %, die damit nicht zur Erwärmung beitragen kann. Schwindet das Eis, kann die Strahlung jedoch den Ozean erwärmen, der diese wiederum als Wärmestrahlung an die Atmosphäre abgibt. Der Einfluss auf die Atmosphäre entsteht dadurch, dass das Eis in den hohen Breiten den Austausch von Wärme und Feuchtigkeit am unteren Rand der Atmosphäre effektiv beeinflusst. So verändert der abnehmende Temperaturkontrast zwischen hohen und mittleren Breiten den Wärmetransport zwischen diesen Gebieten und beeinflusst damit auch die Zugbahnen der Tiefdruckgebiete und damit das Wetter in Europa und Deutschland.  Vor allem im Winter können Wärmeflüsse durch die kompakte Meereisbedeckung noch stark reduziert werden, dieser wichtige Effekt darf bei dem derzeitigen Stand der globalen Erwärmung nicht unterschätzt werden. Erwärmen sich Luft und Ozean zunehmend, schmilzt mehr Eis in den Polargebieten. Dies führt zu einer Kettenreaktion, bei der der Ozean mehr Wärme aufnehmen kann ohne sie schnell wieder abzugeben zu können. Die daraus resultierende schwächere Eisbildung ist eine Folge der sogenannten „polaren Verstärkung“, bei der sich die arktischen Regionen 3-bis 4-mal so stark erwärmt haben wie der Rest der Welt. In der Antarktis wurde eine verstärkte Erwärmung bisher nur für die Antarktische Halbinsel beobachtet. Aber es gibt vermutlich ähnliche Verstärkungsmechanismen wie in der Arktis, allerdings nimmt der Südozean einen großen Teil der Wärme auf. Dadurch werden sich die Lufttemperaturen erst zeitlich verzögert verstärkt erwärmen.

Es ist davon auszugehen, dass der Klimawandel in den Polarregionen über atmosphärische und ozeanische Zirkulationszellen das Wetter und Klima in Europa und dem Rest der Welt beeinflusst, dies betrifft insbesondere die Häufigkeit von Extremereignissen. Laut einer Studie von Duffey et al. (2023) hat die Erwärmung der Arktis bis heute etwa zu 10 % zur durchschnittlichen Erwärmung der Erde beigetragen, obwohl die Region nur 4 % der Erdoberfläche einnimmt. Bei einer globalen Erwärmung von 2 °C geht man davon aus, dass die Arktistemperaturen im Jahresmittel um 4 °C und im Winter um 7 °C ansteigen. Diese möglichen Folgen sind ein wichtiger Grund für die Anstrengungen zur Verbesserung der Klimavorhersagemodelle und für weitere genaue Beobachtung der Region zur Verbesserung des Prozessverständnisses der komplexen Wechselwirkungen. Und natürlich auch für die Intensivierungen von Klimaschutzmaßnahmen, ohne die die Erwärmung immer weiter voranschreiten wird.

Kontakt

Dr. Klaus Grosfeld (AWI)

Dr. Renate Treffeisen (AWI)

Leonhard Günther (AWI)

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