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Meereis in der Arktis geht auf sommerliches Minimum zu

Luftgestützte Messungen Satelliten Meereisausdehnung Meereisminimum Arktis

Zwar ist davon auszugehen, dass sich das Meereis in den kommenden Tagen noch weiter zurückzieht, ein neues Rekordminimum ist aber unwahrscheinlich.

Das arktische Meereis liegt aktuell unter den Werten von 2022, aber deutlich über dem Rekordminimum von 2012. Im September eines jeden Jahres erreicht die Meereisausdehnung in der Arktis ihr jährliches saisonales Minimum. Am 7. September betrug die Eisausdehnung etwa 4,56 Millionen km² und lag damit am unteren Rand der Spannbreite der Eisausdehnungen für den Zeitraum 1981 – 2010 (Abbildung 1). Die Eisausdehnung im Monatsmittel August betrug 5,51 Millionen km² und rangierte damit an neunt-letzter Stelle der Eisausdehnungen seit Beginn der kontinuierlichen Satellitenmessungen im Jahr 1979 (Abbildung 2 und Abbildung 3). Während das Meereis im Sektor nördlich des Kanadischen Archipels, Grönlands und in der zentralen Arktis überwiegend eine kompakte Eisdecke aufweist, sind die Beaufortsee und die Ostsibirische See nahezu eisfrei. Auch die Nordost- und Nordwestpassage sind in diesem Jahr eisfrei und schiffbar (Abbildung 4).

Die relativ große Eisausdehnung könnte auf den Einfluss von regelmäßigen Tiefdrucksystemen in der zentralen Arktis in diesem Sommer zurückzuführen sein. „Dadurch kam es zu einer eher ungewöhnlichen Eisdrift, bei der die Eismassen aus der zentralen Arktis in die Laptewsee gedriftet sind“, sagt Prof. Christian Haas, Leiter der Sektion Meereis am AWI. Der stetige Eisnachschub aus dem Norden (zu sehen in Abbildung 5) führte dann dazu, dass Teile der russischen Randmeere aktuell in diesem September eine relativ hohe Eisbedeckung aufweisen.

Betrachtet man die klimatologischen Bedingungen in Atmosphäre und Ozean im August, so stellt man erhöhte Meeresoberflächentemperaturen von bis zu 4° C gegenüber dem Bezugszeitraum 2013-2022 in großen Teilen der Arktis, aber auch in den Einstromgebieten des Nordatlantik oder des Nordpazifik fest (Abbildung 6). Die Lufttemperatur auf 925 hPa (etwa 760 m) zeigt im August Werte von 3° bis 4° Celsius, in der Barentssee von über 5° Celsius gegenüber dem Bezugszeitraum 2013-2022 (Abbildung 7). Diese warmen Bedingungen an der Eisoberfläche und der Eisunterseite können die Eisschmelze beeinflussen. Insbesondere zu Beginn des Monats August wurde ein deutlicher Eisrückgang beobachtet. Allerdings ist zu beachten, dass die warmen Wassermassen, wenn sie unter das Meereis driften auf zwar deutlich kältere aber auch auf Wassermassen mit deutlich geringerem Salzgehalt treffen. Diese Wassermassen unter dem Meereis sind daher sehr viel leichter als die warmen aber salzreichen einströmenden Wassermassen, weshalb diese einströmenden Wassermassen unter die vorhandenen Wassermassen abtauchen, was einen direkten Einfluss auf das Meereis abschwächt.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Eisschmelze bis Mitte September, dem voraussichtlichen Minimum der Eisausdehnung entwickelt. Die bisherigen Bedingungen waren im Vergleich zu den letzten Jahren nicht extrem, setzen jedoch den Trend fort, dass die Meereisausdehnung im Sommer geringer wird (Abbildung 3).

Flugzeugkampagne IceBird zur Vermessung der Eisdicke im Sommer 2023

Neben der Eisausdehnung ist die Eisdicke ein wichtiger Parameter, der die Meereisentwicklung charakterisiert. Um die Eisdicke im Spätsommer zu messen, führt das AWI regelmäßig Flüge über das Packeis nördlich von Grönland und in der Framstraße zwischen dem 80. und 86. Breitengrad Nord mit einem Forschungsflugzeug durch. Die Eisdicken-Messungen werden mit elektromagnetisch-induktiven (EM) Sondierungen durchgeführt. Dazu wird ein EM-Sensor („EM-Bird“) in einer Höhe von 15 m über das Eis geschleppt.

Leiter der diesjährigen, sogenannten IceBird Sommer Kampagne mit dem Forschungsflugzeug Polar-5 war Professor Christian Haas. Die Messkampagne fand vom 15. bis 25. August von Station Nord in Grönland aus statt. Dabei wurden sieben Eisdicken-Messflüge durchgeführt. Die Karte (Abbildung 8) zeigt alle Messungen, die seit den 1990er Jahren mit Flugzeugen und Hubschraubern in der Arktis durchgeführt wurden. Rot markiert sind dabei die Messungen in diesem Sommer. Für das in Abbildung 8 blau markierte Gebiet wurde eine Zeitreihe der Eisdicke erstellt (Abbildung 9). Die Daten zeigen für 2023 deutlich dickeres Eis in der Framstraße und nördlich von Grönland als in den Vorjahren (sowohl der Mittelwert als auch der Modalwert). Die in diesem Jahr gemessenen Eisdicken sind die höchsten seit 2007 und können durch die ungewöhnliche Drift des Meereises (Abbildung 5) erklärt werden. In diesem Jahr befand sich vor allem mehrjähriges Eis aus der Beaufortsee in der beflogenen Region. Dieses Eis ist älter, dicker und stärker deformiert als das Eis das normalerweise von den russischen Schelfmeeren in diese Region driftet. Christian Haas ergänzt: „Wenn man allerdings die verschiedenen Eisklassen und Herkünfte getrennt voneinander analysiert, fällt auf, dass das jüngere Eis der Transpolardrift in diesem Jahr eine eher durchschnittliche Dicke besaß. Wir werden nun die Ergebnisse der Messkampagne noch genauer analysieren.“ 

Ein Blick auf die Meereisvorhersage für das diesjährige Minimum

Der im August im Rahmen des Sea Ice Outlooks vorhergesagte Mittelwert für die panarktische Meereisausdehnung im September beträgt 4,60 Millionen km² mit Interquartilwerten von 4,35 und 4,80 Millionen km². Die Extremwerte betragen 2,88 und 5,47 Millionen km². Die beiden niedrigsten Prognosen sagen einen neuen Rekordwert für die minimale Meereisausdehnung im September vorher (aktueller Rekord ist September 2012 mit einer Meereisausdehnung von 3,57 Millionen km²). Die Konsensvorhersage lässt also erwarten, dass die Meereisausdehnung im September 2023 leicht über dem langfristigen, abnehmenden linearen Trendwert liegen wird. Ein neues September Rekordminimum ist dieses Jahr nicht wahrscheinlich.

Kontakt

Prof. Dr. Christian Haas (AWI)

Dr. Thomas Krumpen (AWI)

Dr. Frank Kauker (AWI)

Dr. Klaus Grosfeld (AWI)

Dr. Renate Treffeisen (AWI)

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