Dr. Michael Karcher
Michael hat physikalische Ozeanographie in Hamburg studiert, seine fachspezifische Ausrichtung hielt er sich allerdings noch relativ lange offen. Mit Simulationsmodellen arbeitete er zu ozeanographischen Fragestellungen in verschiedenen Meeresgebieten, bevor er sich entschied, in die Polarforschung zu gehen, weil er das schon immer spannend fand. Am AWI arbeitet er daran, die Dynamik des Systems Eis, Ozean und Atmosphäre zu erforschen. Er ist Teil der Meereissektion, arbeitet aber auch sehr eng mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus anderen Sektionen zusammen. Neben der Anwendung der Modelle auf spezifische, meist physikalische, Fragestellungen arbeitet er daran, die Modelle zu validieren und kontinuierlich zu verbessern. Diese Modelle können die Prozesse der Natur realistisch darstellen und gegebenenfalls als Werkzeug genutzt werden, um Vorhersagen zu machen.
Eine Motivation und ein Ziel seiner Arbeit ist es, einen Beitrag zum besseren Verständnis des Klimasystems beizutragen und damit die Basis für eine Diskussion in Politik und Gesellschaft zu schaffen.
Versucht man mit Modellen eher das große Ganze zu sehen oder Details nachzuvollziehen?
Wir nutzen Modelle für beides. Zum einen betrachten wir Kleinstvorgänge, auch Prozessstudien genannt, um quasi wie mit einer Lupe ein kleines Detail des Gesamtsystems zu betrachten. Damit können wir herausfinden, welche Auswirkung dieser Prozess auf das Gesamtsystem hat. Zum anderen betrachten wir aber auch das große Ganze, wenn es darum geht, wie ein ganzes System auf bestimmte Einflüsse reagiert. Man kann die Modelle für viele Zwecke nutzen und genau an das anpassen, was man untersuchen möchte.
An welcher Stelle ist interdisziplinäres Arbeiten besonders wichtig?
Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Forschungsbereichen ist für uns besonders wichtig, wenn es um die Validierung und Verbesserung unserer Modelle geht, also wenn wir unsere Ergebnisse mit den Messdaten vergleichen. Aber natürlich auch, wenn es in die andere Richtung geht und wir eine Fragestellung, die bei einer Beobachtung aufkommt, versuchen mithilfe von Modellen nachzuvollziehen. Das Schöne am AWI ist, dass wir eine enge Verbindung zwischen den Forscherinnen und Forschern haben, die modellieren und denen, die Messdaten erheben, und das über die Grenzen der einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen hinweg.
Wo siehst du meereisportal.de im Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft und wie verstehst du deine Aufgabe / Rolle als Wissenschaftler?
Ich finde meereisportal.de ist als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Gesellschaft wirklich ein tolles Schaufenster, das es Außenstehenden ermöglicht, einen Blick auf unsere Arbeit zu werfen. So haben sie dann auch das Wissen, um ihr Verständnis über die Natur zu erweitern oder aber auch die Fakten, um politische Diskussionen anzuregen. Und als Wissenschaftler kann ich so auch meine Verpflichtung erfüllen, meine Forschungsergebnisse zu teilen und das in einer Art, dass sie auch für viele Menschen zugänglich sind.
Mein persönlicher Held ist…
Das ist generell jeder Wissenschaftler und jede Wissenschaftlerin, die sich trauen, entgegen des Mainstreams zu denken und sich von vorherrschenden Paradigmen freimachen können. Das ist unglaublich wichtig in der Wissenschaft und ich bewundere solche Leute sehr. Diesen Anspruch stelle ich auch an mich selbst, wenn ich versuche Probleme zu lösen.
Dr. Michael Karcher
Meereisphysiker
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
AWI