- Die mittlere Meereisausdehnung auf dem Arktischen Ozean betrug im Oktober 2024 rund 6,11 Millionen Quadratkilometer – der viertkleinste Oktober-Mittelwert seit Beginn der Satellitenmessungen.
- Eine Ansammlung vergleichsweise alten Meereises nördlich der Laptewsee könnte auf Veränderungen in der Eisdrift zurückzuführen sein. Deren Muster war in den zurückliegenden drei Jahren eher ungewöhnlich.
- Im Südlichen Ozean hat sich im zurückliegenden Monat die Sommerschmelze des Meereises fortgesetzt. Die Restfläche lag zum Monatsende nur knapp über dem Vergleichswert aus dem Negativ-Rekordjahr 2023.
Über dem Arktischen Ozean hat im Oktober der Winter Einzug gehalten – mit Lufttemperaturen unter dem Gefrierpunkt, sodass sich vor allem in der Laptewsee, der Ostsibirischen See sowie am westlichen Rand des kanadischen Archipels neues Meereis gebildet hat. In der Karasee zeigten die Satellitendaten zur Meereiskonzentration am 31. Oktober 2024 noch eisfreie Meeresgebiete in Küstennähe (Abbildung 1).
Die Meereisausdehnung auf dem Arktischen Ozean betrug am letzten Oktobertag des Jahres 2024 rund 7,93 Millionen Quadratkilometer. Der Monatsmittelwert lag bei 6,11 Millionen Quadratkilometern. Damit setzt sich die langfristige Abnahme der arktischen Meereisfläche weiter fort, denn im Vergleich liegt der diesjährige Mittelwert für den Monat Oktober knapp unterhalb der Trendlinie (Abbildung 2). Einen neuen Negativ-Rekord gibt es dennoch nicht zu verzeichnen. In der Vergangenheit war die mittlere Meereisfläche im Oktober schon mehrmals kleiner ausgefallen als in diesem Jahr. Vergleicht man die Meereisausdehnung vom jeweils letzten Oktobertag, gab es bislang in zwei vorhergehenden Jahren eine kleinere Meereisfläche – nämlich am 31. Oktober 2016 und 2020 (Abbildung 3).
Das Einsetzen der Neueisbildung hängt von der Wasser- und Lufttemperatur ab, wobei starke Winde und ein niedriger Salzgehalt des Oberflächenwassers die Neueisbildung beschleunigen können. Welche Faktoren im Einzelnen die verzögerte Neueisbildung in diesem Herbst begünstigt haben, ist auf Basis der zur Verfügung stehenden Daten nicht zu beantworten. Es fällt jedoch auf, dass in den aktuell immer noch eisfreien Gebieten der Barentssee, der Beaufortsee und des kanadischen Archipels das Oberflächenwasser im Oktober 2 bis 4 Grad Celsius wärmer war als im Vergleichszeitraum 1971 bis 2000 (Abbildung 4). Gleichzeitig lagen die Lufttemperaturen, gemessen auf einem Druckniveau von 925 hPA (in einer Höhe von etwa 760 Metern), in den genannten Gebieten im Monatsmittel 3 bis nahezu 6 Grad Celsius über dem Langzeitmittel aus dem Zeitraum 1971 bis 2000 (Abbildung 5).
Vergleicht man die mittlere, von Meereis bedeckte Fläche aus dem Oktober 2023 mit dem aktuellen Monatsmittel, wird deutlich, dass derzeit in allen Randregionen der zentralen Arktis abgesehen von der nördlichen Ostsibirischen See und der Eisfläche an der Wrangelinsel weniger Meereis vorhanden war, als dies vor einem Jahr der Fall gewesen ist (Abbildung 6).
Angesichts des noch vorhandenen Meereises an der Wrangelinsel und neu gefrierenden Meereises in der Ostsibirischen See sah sich die russische Aufsichtsbehörde der Nördlichen Schifffahrtsroute in diesem Jahr gezwungen, den Seeweg durch die Ostsibirische See und die Tschuktschensee bereits zum 15. Oktober 2024 für Tank- und Frachtschiffe ohne Eisklasse zu schließen. Ein Durchquerungsverbot für Schiffe mit geringer Eisklasse galt ab dem 20. Oktober – mehrere Wochen früher als in den Vorjahren. Ob die Behörde ihre Fahrverbote jedoch auch durchsetzen wird, bleibt abzuwarten, berichtete das Nachrichtenportal High North News Mitte Oktober. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich unter anderem noch drei chinesische Schwerlastschiffe beladen mit Kraftwerksmodulen für einen russischen LNG-Terminal auf dem langen Weg in die russische Arktis – ein Schiff ohne, die zwei weiteren mit geringer Eisklasse.
Ungewöhnliche Beobachtung: Besonders altes und dickes Eis nördlich der Laptewsee
Das Meereisalter in der Arktis bleibt auf einem sehr niedrigen Niveau und die Menge besonders alten Eises (3 bis 4 Jahre oder älter), das sich typischerweise vor der Nordküste Kanadas ansammelt, schrumpft weiter. Auffällig ist in diesem Jahr jedoch eine Zone mit mehrjährigem Eis nördlich der Laptewsee (Abbildung 7). Diese Region ist normalerweise eher durch ein- bis zweijähriges Eis geprägt, welches sich in den Wintermonaten entlang der russischen Schelfkante bildet und dann in Richtung Nordpol driftet.
Erste Analysen der auffälligen Ansammlung älteren Meereises zeigen nun, dass sich dieses mehrjährige Eis zwar auch in den russischen Schelfmeeren gebildet hat. Im Anschluss konnte es jedoch über mehrere Jahre hinweg nicht in die zentrale Arktis exportiert werden. Diese wurde stattdessen hauptsächlich mit Meereis aus dem Beaufort-Wirbel versorgt – zumindest in den zurückliegenden zwei Jahren. Die Ursachen für diese veränderte Meereis-Drift sind in der Atmosphäre zu suchen. Deren großräumige Luftströmungen bestimmen die Hauptwindrichtung und somit auch die Eisdrift.
Die Meereissituation in der Antarktis
In der Antarktis hat sich im Oktober die sommerliche Meereisschmelze fortgesetzt. Vom 1. bis 31. Oktober ist die Meereisausdehnung von 17,21 Millionen auf 15,69 Millionen Quadratkilometer geschrumpft – ein Verlust von 1,52 Millionen Quadratkilometer Meereisfläche, was einem Areal mehr als 3,5-mal so groß wie Deutschland entspricht. Die verbleibende Meereisdecke war am letzten Oktobertag dieses Jahres kaum größer als sie vor genau einem Jahr war (Abbildung 8). Diese Entwicklung aber dürfte die wenigsten überraschen, nachdem auch die maximale Winter-Meereisausdehnung in diesem Jahr extrem niedrig ausgefallen war.
Vergleicht man die mittlere Meereisausdehnung aus Oktober 2024 mit dem Langzeitmittel, wird deutlich, dass sich zum Sommeranfang dieses Jahres sowohl am nördlichen Rand des Rossmeeres große eisfreie Flächen gebildet hatten als auch in einem Bereich, der sich vom Rand des östlichen Weddellmeeres bis in die Küstenregion der Ostantarktis spannt. Vor der Küste der Westantarktis und des Adelielandes sowie östlich und westlich der Antarktischen Halbinsel hingegen verzeichneten die Meereissatelliten im Oktober 2024 auffallend mehr Eisschollen als im Langzeitmittel (Abbildung 9).
Es bleibt abzuwarten, wie sich die antarktische Sommer-Meereisschmelze fortsetzen wird. Im Negativ-Rekordjahr 2023 schwächte sich ihr Tempo zum Jahresende hin etwas ab (Abbildung 8). Ob sich diese Entwicklung wiederholen wird, werden die kommenden acht Wochen zeigen.
Keine neuen Meeresschutzgebiete in der Antarktis
Längst entschieden ist dagegen der Ausgang der diesjährigen Jahrestagung der Antarktis-Kommission (Commission for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources, CCAMLR), die vom 14. bis 25. Oktober im australischen Hobart stattgefunden hat. Auf ihr hatten die 27 Antarktis-Vertragsstaaten abermals über die Ausweisung neuer Meeresschutzgebiete im Südlichen Ozean beraten. Im Fokus der Diskussion standen Vorschläge für neue Schutzgebiete im Weddellmeer, an der westlichen Antarktischen Halbinsel sowie in den Gewässern der Ostantarktis. Zum wiederholten Male aber legten Russland und China ihr Veto gegen die Schutzzonen ein. Da Beschlüsse jedoch einstimmig angenommen werden müssen, endeten die Beratungen der Antarktis-Kommission auch in diesem Jahr ohne konkretes Ergebnis. Forschende des Alfred-Wegener-Institutes unterstützen seit Jahren den Vorschlag der Bundesregierung, ein Schutzgebiet im Weddellmeer einzurichten.
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