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Weit unter dem Trend

Seit Beginn der Satellitenmessungen gab es im Monat Februar nie so wenig Meereis in der Arktis wie in diesem Jahr.

  • Arktis: kleinste Februar-Meereisausdehnung seit Beginn der Satellitenmessungen
  • neue Studie: Auch eine begrenzte globale Erwärmung wird die Eislandschaften der Arktis grundlegend verändern
  • Antarktis: Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die Sommerschmelze des Meereises beendet ist

Meereisentwicklung in der Arktis: Weit unter dem Trend

Die Meereisausdehnung auf dem Arktischen Ozean war im Februar 2025 im Monatsmittel kleiner als in allen vorhergehenden Jahren zu dieser Zeit seit Beginn der Satellitenmessungen. Ein Blick auf die Jahresgänge der Meereisausdehnung zeigt, dass die Kurve für 2025 nur zur Monatsmitte für einige Tage über der Kurve aus dem Winter 2017/2018 lag, in dem es ebenfalls auffallend wenig Meereis gab. Die restliche Zeit des Monats verlief sie weit darunter und mit einem noch größeren Abstand zum Langzeitmittel aus dem Zeitraum 1981-2010. Stellenweise dokumentierten die Satelliten im Februar dieses Jahres bis zu 540.000 Quadratkilometer weniger eisbedeckte Fläche als im Winter 2017/2018. Im Monatsmittel geht der Februar 2025 mit einem Wert von 13,72 Millionen Quadratkilometern eisbedeckter Fläche als neuer Negativrekord in die Statistik ein.

Abbildung 1: Die Entwicklung der Meereisausdehnung im Vergleich: Bis auf wenige Tage zur Monatsmitte hin lag die Meereisausdehnung im Februar 2025 weit unter der Kurve aus dem Winter 2017/2018.

Abbildung 2: Die Entwicklung der gemittelten Meereisausdehnung in der Arktis für den Monat Februar. Die hellblaue Linie verdeutlicht den langfristigen Rückgang des Meereises. Nach sechs Jahren oberhalb dieser Trendlinie lag der Monatsmittelwert im Febraur 2025 erstmals wieder darunter. Diese Entwicklung hatte sich bereits im Januar 2025 angekündigt.

Auffallenden ist der deutliche Rückgang der Meereisausdehnung von Ende Januar bis in die zweite Februarwoche hinein. Normalerweise müsste in dieser Zeit des arktischen Winters vielerorts neues Meereis entstehen. Stattdessen aber haben Winde vermutlich die vorhandene Eisfläche zusammengeschoben und für die eisfreien Gebiete kann angenommen werden, dass aufgrund von ungewöhnlicher Wärme wenig bis gar kein neues Meereis entstanden ist.  „Unsere Darstellung der gemittelten Temperaturabweichungen im Monat Februar zeigt, dass die Luftmassen über dem Arktischen Ozean großflächig bis zu 6 Grad Celsius wärmer waren als im Vergleichszeitraum. Die Erwärmungssituation war bereits Ende Januar entstanden und hat sich mehrere Wochen gehalten. Unter diesen Voraussetzungen verwundert es kaum, dass sich in vielen Regionen des Nordpolarmeeres weniger Meereis gebildet hat“, sagt Dr. Renate Treffeisen, Atmosphärenforscherin und Mitbegründerin des Meereisportals (Abbildung 3). Das Maximum des Wärmesignals liegt zwischen dem Norden Grönlands und der Zentralarktis und erreicht mehr als 12 Grad Celsius gegenüber dem langjährigen Mittel im Referenzzeitraum 1971 - 2010.

In einigen der auffallend warmen Regionen dokumentierten die Satelliten im Februar auch deutlich weniger Meereis als im Vergleich zum Langzeitmittel. Das war unter anderem im Beringmeer der Fall aber auch in der nördlichen Ostsee (Bottnischer Meerbusen), im südöstlichen Teil der Barentssee bis südlich der Kola-Halbinsel sowie im Ochotskischen Meer (Abbildung 4 & 5).

Abbildung 3: Darstellung der Lufttemperaturabweichungen im Februar 2025 im Vergleich zu den langjährigen Temperatur-Mittelwerten für diesen Monat im Zeitraum 1971 - 2000. Ausgangsbasis sind Tagesmitteltemperaturen, gemessen in einer Höhe von etwa 760 Metern.

Abbildung 4: Darstellung der mittleren Meereiskonzentration in der Arktis für Februar 2025. Deutlich zu erkennen sind die kleinen Eisflächen in der nördlichen Ostsee, in der südöstlichen Barentssee sowie im Ochotskischen Meer. Die hellgrüne Linie markiert die mittlere Meereisausdehnung im Februar-Mittelwert der Jahre 1981 bis 2010.

Abbildung 5: Differenz der mittleren Eiskantenposition im Februar 2025 im Vergleich zur mittleren Eiskantenposition im Langzeitmittel der Jahre 2003 bis 2014. Blau gekennzeichnet sind Meeresgebiete, in denen im Februar 2025 mehr arktisches Meereis existiert. Rot markierte Regionen hingegen wiesen weniger Meereis auf.

Wie sich das arktische Meereis in den letzten Wochen des Winters 2024/2025 weiterentwickeln wird, bleibt offen. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Meereisausdehnung in der Arktis bis Mitte März zunehmen kann. Ob das jedoch auch in diesem Winter der Fall sein wird oder ob wir die maximale Winter-Meereisausdehnung eventuell schon im Februar erreicht haben, werden die kommenden Wochen zeigen“, erklärt Dr. Klaus Grosfeld, AWI-Experte und Mitbegründer des Meereisportals.

 

Zukunftsprognose für die Arktis: Verschwindende Eislandschaften

Im Februar hat ein internationales Team von Meereisfachleuten eine neue Studie zur Zukunft des Klimas in der Arktis veröffentlicht. Darin fassen sie das aktuelle Wissen zu den Auswirkungen des Klimawandels in der Arktis zusammen und beschreiben, wie sich insbesondere das arktische Meereis, der grönländische Eisschild und die arktischen Permafrostböden verändern werden, wenn alle Staaten ihre bislang vereinbarten Klimaziele erfüllen und die globale Erwärmung bis zum Jahr 2100 dadurch auf etwa 2,7 Grad Celsius begrenzt werden kann.

Den Ergebnissen zufolge wird eine Erwärmung in diesem Ausmaß die arktische Region grundlegend verändern. Dazu gehört, dass künftig quasi an jedem Tag des Jahres die Lufttemperaturen über den Höchstwerten aus der vorindustriellen Zeit liegen werden. Der Arktische Ozean wird in jedem Sommer für mehrere Monate eisfrei sein. Auf dem grönländischen Eisschild wird sich die Fläche, die mehr als einen Monat lang Oberflächentemperaturen von über 0 Grad Celsius aufweist, im Vergleich zur vorindustriellen Zeit vervierfachen. Infolgedessen wird der Eisschild mehr Eis verlieren und der globale Meeresspiegel wird schneller ansteigen. Die Fläche der Perma- oder Dauerfrostböden in der Arktis wird um die Hälfte schrumpfen. „Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass der Mensch schon heute die Macht hat, ganze Landschaften von der Oberfläche unseres Planeten zu tilgen“, sagt der Hamburger Meereisforscher Prof. Dirk Notz zusammenfassend. Er zählt zum Expertenteam des Meereisportals und war als Ko-Autor an der Studie beteiligt. (Ausführlichere Informationen zu der neuen Studie finden Sie hier.)

 

Südlicher Ozean: Die Sommerschmelze ist höchstwahrscheinlich beendet

In der Antarktis hat sich die sommerliche Meereisschmelze in der ersten Februarhälfte beschleunigt (Abbildung 6). Der Meereisrückgang fiel so stark aus, dass die Kurve des Jahresganges zehn Tage lang unterhalb der Spannbreite aus Minima- und Maximawerten des Vergleichszeitraumes 1981 bis 2010 lag. Höchstwahrscheinlich hat die Meereisentwicklung in der Südhemisphäre auch ihr Sommerminimum bereits durchlaufen. Sollte sich die Entwicklung aus der letzten Februarwoche fortsetzen und die Meereisausdehnung im März weiter anwachsen, ginge der 22. Februar 2025 als Tag des sommerlichen Meereisminimums in die Statistik ein. Das antarktische Meereis erstreckte sich an diesem Tag über eine Restfläche von 2,16 Millionen Quadratkilometer. Das Monatsmittel lag bei einer Meereisausdehnung von 2,45 Millionen Quadratkilometern. Es ist der viertkleinste jemals von Satelliten gemessene Monatsmittelwert in der Antarktis für den Monat Februar (Abbildung 7).

Abbildung 6: Die Kurve der tagesaktuellen Meereisausdehnung in der Antarktis verlief knapp die Hälfte des Monats Februar unterhalb der Sigma-Spannbreite (türkisgrüner Bereich). Das sommerliche Meereisminimum wurde sehr wahrscheinlich am 22. Februar 2025 erreicht.

Abbildung 7: Die Entwicklung der gemittelten Meereisausdehnung in der Antarktis für den Monat Februar: Die hellblaue Linie verdeutlicht den langfristigen Rückgang des Meereises. Im Februar 2025 lag die Meereisausdehnung das vierte Jahr infolge weit unterhalb der Trendlinie und setzt den leicht negativen Trend seit 2016 fort.

Im Vergleich zur Eiskonzentration im Zeitraum 2003 bis 2014 fehlte im Februar vor allem im östlichen Weddellmeer sowie vor der Küste der Westantarktis und im Rossmeer viel Packeis (Abbildung 8). In allen drei Meeresregionen dürften Winde für die großen eisfreien Meeresflächen verantwortlich sein. Im Weddellmeer beispielsweise haben sie die Eisdrift Richtung Westen angetrieben. Im Rossmeer haben Luftströmungen das Packeis auf das offene Meer hinausgeschoben. Mehr Eisschollen gab es hingegen in kleineren küstennahen Regionen der Ostantarktis sowie vor der Küste des Marie-Byrd-Landes, wo eine große Ansammlung von Packeis den Sommer überstehen konnte (Abbildung 9 und 10).

Abbildung 8: Differenz der mittleren Eiskantenposition im Februar 2025 im Vergleich zur mittleren Eiskantenposition im Langzeitmittel der Jahre 2003 bis 2014. Blau gekennzeichnet sind Meeresgebiete, in denen im Februar 2025 mehr antarktisches Meereis existiert. Rot markierte Regionen hingegen wiesen weniger Meereis auf.

Abbildung 9: Darstellung der mittleren Meereiskonzentration in der Antarktis für Februar 2025. Deutlich zu erkennen ist das fehlende Packeis in der Bellingshausensee und dem Amundsenmeer (Westantarktis). Wolkenähnlich hingegen erscheint die Packeis-Ansammlung vor der Küste des Marie-Byrd-Landes. Die hellgrüne Linie markiert die mittlere Meereisausdehnung im Februar-Mittelwert der Jahre 1981 bis 2010.

Abbildung 10: Karte der gemittelten Druckanomalien auf Meeresspiegelniveau in der Antarktis im Monat Februar 2025 im Vergleich zum Bezugszeitraum 1971 bis 2000. Die Windvektoren sind als Pfeile dargestellt.

Meereisexpert:innen des Alfred-Wegener-Institutes haben den Rückgang des Meereises im östlichen Weddellmeer live vor Ort verfolgen können. Sie waren an Bord des Forschungseisbrechers Polarstern auf einer Expedition in das Weddellmeer unterwegs: „Aufgrund der eisfreien Gewässer im östlichen Wedellmeer sind alle geplanten Verankerungsarbeiten der Ozeanographen sehr gut vonstattengegangen. Wir Meereisforschenden hatten jedoch etwas Pech. So konnten wir zum Beispiel keine Meereisdicken-Messflüge mit dem Helikopter durchführen, weil entweder das Wetter schlecht oder die Strecke vom Schiff bis ins dichte Packeis viel zu weit war, als dass sich ein Helikopter-Flug gelohnt hätte“, berichtet AWI-Meereisphysikerin Prof. Stefanie Arndt von Bord Polarsterns.

Aufgrund der eisfreien Bedingungen im östlichen Weddellmeer entschied sich die Expeditionsleitung, mit dem Schiff direkt vor die Schelfeiskante tief im Süden vor das Filchner-Schelfeis zu fahren und dort Messungen in der Wassersäule vorzunehmen. „Diese Planänderung gab uns die Chance, zum ersten Mal Messungen auf dem Meereis so tief im Süden des östlichen Weddellmeeres zu machen - eine echte Premiere“, sagt Stefanie Arndt.

Im restlichen Fahrtverlauf konnte das Team dann noch acht weitere Male das Meereis des Weddellmeeres vermessen, darunter fünfmal im jungen, einjährigen Meereis, welches sich im westlichen Weddellmeer gebildet hatte. In dieser Region gelangen dann auch zwei Messflüge mit dem Helikopter und dem Meereisdickensensor EM-Bird. „Diese neuen Daten sind für uns ausgesprochen wertvoll, weil wir aus der Region zu diesem Zeitpunkt im Jahr kaum Vergleichsdaten haben. Wir hoffen, auch im kommenden Jahr noch einmal in diese Region zurückkehren zu können - umso wichtiger aber sind die Daten, die wir jetzt gewinnen konnten“, freut sich Stefanie Arndt (Foto 1 und 2).

Foto 1: Ein Gruppenselfie auf dem antarktischen Packeis. AWI-Meereisphysikerin Stefanie Arndt (links) und ihr Team auf der Polarsternexpedition PS 146. Foto: Stefanie Arndt/Alfred-Wegener-Institut.

Foto 2: Vom Meereis aus filmen zwei Forschende den Meereisdickenmessflug des Polarstern-Bordhelikopters. Er trägt den Meereisdickensensor “EM-Bird” in geringer Flughöhe über das antarktische Meereis. Foto: Stefanie Arndt/Alfred-Wegener-Institut.

Bei jeder Station auf dem Meereis haben die AWI-Wissenschaftler:innen Meereisbojen ausgesetzt. Deren Drift können Interessierte live im Meereis-Datenportal verfolgen. Klicken Sie auf folgenden Link und wählen Sie dann im Menü die Bojen in der Region „Antarktis“. Einmal auf „Aktualisieren“ klicken und schon erscheint weiter unten eine Karte mit allen aktiven Meereisbojen im Weddellmeer (Abbildung 11).

Abbildung 11: Karte des antarktischen Weddellmeeres, in welcher die Reise jener AWI-Meereisbojen eingezeichnet ist, die auf der aktuellen Antarktis-Expedition PS 146 ausgesetzt wurden. Karte: meereisportal.de

Kontakt

Prof. Dr. Stefanie Arndt (AWI)

Dr. Klaus Grosfeld (AWI)

Dr. Renate Treffeisen (AWI)

Autorin

Sina Löschke (Science Writer)

www.schneehohl.net

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