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Meereisausdehnung in der Antarktis auf Rekordminimumkurs

Meereisminimum Klimawandel Antarktis

Unterschreitung des bisherigen Rekordminimums der Meereisausdehnung in der Antarktis. Der Niedrigkurs des Januars setzt sich kontinuierlich fort.

„Am 8. Februar 2023 wurde mit einer Ausdehnung von 2,20 Millionen Quadratkilometern das bisherige Rekordminimum aus dem Jahr 2022 bereits unterschritten. Da die Meereisschmelze in der Antarktis voraussichtlich bis in die zweite Monatshälfte weiter andauert, können wir heute noch nicht sagen, wann der neuer Negativrekord erreicht sein wird und wieviel Meereis bis dahin noch schmilzt“, fasst Prof. Christian Haas, Leiter der Meereisphysik am AWI die aktuelle Entwicklung in der Antarktis zusammen.  „Die rasante Abnahme des Meereises in den letzten sechs Jahren ist sehr erstaunlich, weil sich die Eisbedeckung in den fünfunddreißig Jahren davor kaum verändert hatte. Es ist unklar ob dies der Anfang vom schnellen Ende von sommerlichem Meereis in der Antarktis ist, oder ob es sich nur um eine neue Phase mit geringerer aber weiterhin stabiler Meereisbedeckung im Sommer handelt.“

Das Meereis in der Antarktis erreicht im Jahresgang im September oder Oktober seinen Höhepunkt und im Februar sein Minimum. In einigen Regionen entlang des antarktischen Kontinents schmilzt das Meereis im Sommer komplett ab. Das kalte Wasser rund um die Antarktis ermöglicht im Winter dann wieder eine schnelle Meereisneubildung. Bei ihrer maximalen Ausdehnung beträgt die Meereisbedeckung in der Antarktis im Allgemeinen zwischen 18 und 20 Millionen Quadratkilometer. Im Sommer schrumpft sie auf etwa 3 Millionen Quadratkilometer zurück. Dies ist eine viel größere natürliche jährliche Variabilität als in der Arktis.

In diesem Jahr zeigt das Meereis in der Antarktis jedoch bereits den gesamten Januar über seine niedrigste jemals gemessene Ausdehnung für diesen Zeitraum seit Beginn der Aufzeichnungen (Abbildung 1 und Abbildung 2). Dieser Trend begann Ende Dezember, als das Meereis einen neuen monatlichen Negativrekord erreichte. Der monatliche Mittelwert für Januar 2023 beträgt 3,22 Millionen km² und unterschreitet das bisherige Minimum aus dem Jahr 2017 um ca. 478.000 km² (Abbildung 3). Langfristig zeigt das Meereis in der Antarktis im Januar einen abnehmenden Trend von 2,6 % pro Dekade. Dieses Jahr ist bereits das achte Jahr in Folge, in dem die mittlere Eisausdehnung im Januar unterhalb des langjährigen Trends liegt und damit die negative Entwicklung der Meereisausdehnung im Sommer verstärkt. Im Februar könnte möglicherweise sogar die niedrigste Meereisausdehnung erreicht werden, die jemals aufgezeichnet wurde.

Die Eisschmelze ist seit Dezember besonders im Bellinghausen- und Amundsenmeer vorangeschritten, das Bellingshausenmeer ist nahezu eisfrei (Abbildung 4). „Auch im Pazifischen Sektor der Antarktis ist ein Rekordminimum der Eisbedeckung erreicht worden (Abbildungen 5 und 6). Im Rossmeer und im indischen Ozeansektor ist auffällig wenig Meereis vorhanden, während im Weddell Meer eine Eisbedeckung ähnlich zu den Vorjahren, aber auch unterhalb des Langzeittrends vorherrscht. Insgesamt dominieren rund um die Antarktis unterdurchschnittliche Eiskonzentrationen, die die Situation Ende Dezember 2022 fortsetzen“, beschreibt Gunnar Spreen vom Institut für Umweltphysik der Universität Bremen die aktuelle Meereissituation, der die aktuellen Satellitendaten mit ausgewertet hat.

Anhaltende Windmuster um die Antarktis könnten zu den starken Veränderungen geführt haben

Ursachen für die starke Eisschmelze sind in überdurchschnittlich warmen Lufttemperaturen westlich und östlich der Antarktischen Halbinsel zu finden, die im Monatsmittel etwa 1,5 °C über dem Langzeitmittel liegen (siehe Abbildung 7). Darüber hinaus befindet sich der Southern Annular Mode (SAM) in einer starken positiven Phase, was Einfluss auf die vorherrschende Windzirkulation in der Antarktis hat. In einer positiven Phase des Southern Annular Mode entwickelt sich ein niedriger anomaler Luftdruck über der Antarktis und ein höherer anomaler Luftdruck über den mittleren Breiten. Dadurch verstärkt sich der Gürtel starker Westwinde und zieht sich in Richtung Antarktis zusammen. Es schwächt sich an der nördlichen Grenze in den mittleren Breiten (40-50°S) ab. Über Patagonien wird es dadurch trockener, in der Antarktis steigt in der Folge vermehrt zirkumpolares Tiefenwasser auf den Festlandsockel und befördert den Meereisrückgang. Es treibt außerdem die Gletscher- und Eisschildschmelze voran.

Auswirkungen auf das Ökosystem

Die Ausdehnung des Meereises und der Zeitpunkt seiner Neubildung oder seines Schmelzens spielen auch eine wichtige Rolle im Ökosystem der Antarktis, indem sie die Produktion von Plankton kontrollieren, das die Grundlage der Nahrungsnetze der Ozeane bildet. Im Südpolarmeer ist Phytoplankton Nahrung für winzige garnelenartige Krebstiere namens Krill, die von größeren Tieren gefressen werden. Große Veränderungen im Zeitpunkt der Planktonblüte können die Nahrungsaufnahme von Vögeln, Fischen, Robben und Walen stören. Meereis schützt auch Küstengebiete vor Stürmen, indem es Ozeanwellen dämpft.

Komplizierte Zusammenhänge

Aber herauszufinden, wie alle Puzzleteile, die das Meereis beeinflussen, in der Antarktis miteinander verbunden sind, ist immer noch eine sehr große Herausforderung. Es gibt immer noch reichlich kalte Luft in der Nähe des Kontinents, wo ein Großteil des Meereises gebildet und dann vom Kontinent weggetrieben wird, was das Wachstum von weiterem Eis ermöglicht. Dieser Prozess führt daher zu mehr Meereisbildung. Aber konstante nördliche Winde, können das Meereis in wärmere Gebiete treiben, das dort schmilzt, wodurch die Ausdehnung des Meereises geringer wird. Wenn die Winde nicht stark genug wehen, bleibt das Meereis in der Nähe des antarktischen Kontinents liegen, was weniger Platz für neues Eis lässt und auch zu weniger Meereis führt. In welche Richtung die Winde wehen, und ob sie Meereis zusammenschieben oder verteilen, wann die Winde wehen und wie kalt oder warm es ist, sind alles wichtige Faktoren, die große regionale Einflüsse auf die Meereisverteilung haben. Im Südpolarmeer interagieren Öffnungen im Meereis, sogenannte Polynjas, mit Winden, die eine wichtige Rolle bei Aufrechterhaltung der Zirkulation einer globalen Meeresströmung  spielen.

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Meereiskonzentration in der Antarktis am 8. Februar 2023.

Meereiskonzentration in der Antarktis am 8. Februar 2023.