- Tara Polar Station hat Longyearbyen, Spitzbergen, erreicht und läuft am 1. Juli zu ihrer ersten Expedition in das arktische Meereis aus
- FS Polarstern bricht den Weg durch das Meereis für Tara Polar Station
- Beide Expeditionen vermessen zwei Monate lang Atmosphäre, Meereis und Ozean
Gemeinsame Fahrt ins arktische Meereis
Am 1. Juli 2025 läuft die französische Tara Polar Station (Abbildung 1) zu ihrer ersten Expedition ins arktische Meereis aus. Die Reise beginnt in Longyearbyen, Spitzbergen, und endet Anfang September in Reykjavik, Island. Wenige Tage nach dem Ablegen wird Tara Polar Station dann FS Polarstern an der Eiskante treffen, die im Rahmen der CONTRASTS (PS149) Expedition ebenfalls in das Meereis nördlich von Spitzbergen fahren wird. FS Polarstern wird als stärkerer Eisbrecher den Weg in das Eis brechen und Tara Polar Station folgt im dann offenen Wasser oder gebrochenen Eis. Sobald beide Schiffe ausreichend stabiles Eis und eine gute Startposition innerhalb des Packeises erreicht haben, wird Tara Polar Station zurück bleiben und mit dem Meereis durch den Arktischen Ozean driften. Hierzu wird die Station an einer Scholle anlegen und über die kommenden Wochen an dieser Scholle und in deren Umgebung arbeiten. Nach sechs bis acht Wochen Driftstudie wird sie dann aus eigener Kraft aus der Eisrandzone zurück nach Island fahren. FS Polarstern setzt ihre Expedition tiefer ins Packeis zur ersten Zielregion fort (Abbildung 2).
Abbildung 1: Tara Polar Station an der Pier in Lorient (Frankreich) bei der Einrüstung. Die neue Plattform ist nun auf ihrer ersten Expedition in das arktische Meereis unterwegs. (Foto: Marcel Nicolaus, AWI)
Abbildung 2: Geplante Expeditionsverläufe von Tara Polar Station (gelb) und FS Polarstern (rot). Beide Schiffe treffen sich an der Eiskante und fahren dann gemeinsam in das Meereis. Danach folgt FS Polarstern weiter der Route zur ersten Station (grüner Stern) und Tara Polar Station begibt sich auf eine Dift (zwischen den beiden gelben Sternen). Die genauen Routen werden jeweils stark von der Meereisdrift bestimmt. Die Eiskonzentration im Hintergrund stammt vom 27. Juni 2025. Die graue Linie zeigt die minimale Meereisausdehnung aus September 2012. (Grafik: Marcel Nicolaus, AWI)
Die wissenschaftlichen Besatzungen beider Schiffe wollen die Veränderungen des arktischen Meereises und des damit verbundenen Ökosystems besser verstehen. Entsprechend gibt es auf beiden Schiffen sehr ähnliche, teils identische Sensorik und Methodik. Dennoch unterscheiden sich beide Plattformen in ihrer Größe und Art sehr stark. Martin Schiller, Ingenieur der Meereisphysik des AWI, der auf Tara Polar Station an Bord sein wird, erklärt:
Das Konzept der Tara Polar Station ist sehr interessant, weil sie mit sehr wenig Ressourcen einen kostengünstigen, effizienten Forschungsbetrieb mit einem geringen CO2-Fußabdruck ermöglicht. Besonders gespannt bin ich auf das Team. Bei nur zwölf Personen an Bord werden wir uns sehr gut kennen und schätzen lernen.
Insgesamt ist auf Tara Polar Station alles eine Nummer kleiner als auf dem Forschungschiff Polarstern, auf der circa 100 Personen unterwegs sind. Zugleich minimiert die geringere Größe auch den eignen Einfluss auf die Messungen und die Umgebung.
Für das Team auf Tara Polar Station ist alles neu: Es ist der erste Test im Meereis. „Wir hoffen, dass das Team an Bord all die lange geplanten Konzepte gut umsetzen kann. Wir werden dann sehen, wie gut die verschiedenen Systeme und Arbeitsabläufe bereits funktionieren. Vor allem ist es spannend zu sehen, wie sich Tara Polar Station im Meereis bewegen wird.“, erklärt Marcel Nicolaus, Projektpartner im Tara Polar Station Team und selbst als Fahrtleiter auf FS Polarstern dabei. Die Arbeit auf FS Polarstern profitiert von langjähriger Arktiserfahrung, sowohl in der Wissenschaft als auch in der Schiffsbesatzung.
Tara Polar Station – gebaut für 2 Jahrzehnte Driftstudien im arktischen Meereis
Tara Polar Station wurde von der Tara-Stiftung (Frankreich) gebaut, um in den kommenden 20 Jahren zehnmal mit dem Meereis über den arktischen Ozean zu driften. Das Schiff wurde im April 2025 in Lorient (Frankreich) getauft und anschließend für den ersten Einsatz in diesem Sommer ausgerüstet. Die erste vollständige Drift wird Tara Polar Station ab Sommer 2026 durchführen und dann ein ganzes Jahr vor Ort sein.
Das wissenschaftliche Programm zielt darauf ab, die Auswirkungen des Klimawandels in der Arktis und auf den Rest des Planeten besser zu verstehen. Die Arbeit basiert auf der Zusammenarbeit eines internationalen und interdisziplinären Konsortiums von mehr als 30 Instituten. Gemeinsam werden sie die Folgen des schmelzenden Meereises und der Verschmutzung auf die einzigartigen und empfindlichen Ökosysteme analysieren, die arktischen Fischbestände beobachten und zielt darauf ab, neue Arten und Prozesse zu entdecken.
Die Station ist 26 Meter lang und 11 Meter breit und ähnelt dabei in ihrer Form eher einem UFO. Auch sonst können die Missionen der Station gut mit Raumfahrtmissionen zur internationalen Raumstation (engl. International Space Station, ISS) verglichen werden. Das Team an Board, die „Taranauten“, führt vielfältige Messungen und Beobachtungen für die vielen Wissenschaftler:innen und Institute daheim durch. Hierbei sind die wissenschaftlichen und technischen Anforderungen sehr breit angelegt sind. Zentrale Fragen sind:
- Was sind die langfristigen Reaktionen des zentralen arktischen Ökosystems auf den Klimawandel?
- Wie wird die Biologie durch das Meereis beeinflusst und modifiziert?
- Wie funktionieren die ozeanographischen, biodiversitätsbezogenen und biogeochemischen Zyklen im zentralen arktischen Ozean?
- Welches sind die wichtigsten mikrobiellen und klimatischen Rückkopplungen in der arktischen Atmosphäre?
- Welche Verunreinigungen und Schadstoffe sind im zentralen arktischen Ozean vorhanden und wie verändern sie sich im Laufe der Zeit?
Erste Erfahrungen mit dem Tauchroboter durch den Moonpool
Tara Polar Station verfügt über einen sogenannten Moonpool in der Mitte des Schiffs. Das ist ein runder Schacht mit einem Durchmesser von zwei Metern, durch den ein direkter Zugang zum Ozean aus dem großen Nasslabor im Herzen des Schiffs möglich ist. Dieser Moonpool erlaubt es, ozeanographische Geräte und auch Tauchroboter (engl.: Remotely Operated Vehicle, ROV) unter das Meereis zu bringen. Martin Schiller freut sich auf den Einsatz des neuen ROV „Ann“ durch diesen Moonpool schon jetzt: „Bei dem Moonpool interessiert mich sehr, wie er sich im regelmäßigen Einsatz mit unserem ROV bewährt. Es wird vermutlich eine riesige Erleichterung, wenn man vor einem Tauchgang nicht erst mit großem körperlichen Einsatz langwierig ein Loch in das Meereis sägen muss.“ Diese Löcher im Meereis, vor allem im Winter, zu erstellen und dann auch eisfrei zu halten ist eine enorme Anstrengung. Außerdem erhalten die Wissenschaftler:innen an Bord so ihre Proben und Geräte wesentlich bequemer und geschützer zurück. Das ROV wurde im Frühjahr auf dem Schiff installiert (Abbildung 3) und hat dabei seinen ersten Tauchgang im Hafenbecken (Abbildung 4) erfolgreich gemeistert. Nun folgt mit großer Spannung der erste richtige Einsatz unter arktischem Meereis. Diese Erfahrungen mit Arbeiten durch einen Moonpool im Eis sind auch weit über Tara Polar Station hinaus sehr wertvoll, z. B. im Hinblick auf zukünftige Arbeiten mit dem im Bau befindlichen Nachfolgeschiff von FS Polarstern.
Abbildung 3: Der Kontrollstand des Tauchroboters (engl.: remotely opterated vehicle: ROV) „Ann“ an Bord der Tara Polar Station. Von hier aus wird das ROV gesteuert. Die vier Monitore zeigen Livebilder von den Kameas an Bord, sowie Kontrolldaten des ROV. Das Foto wurde während der Installation des Systems in Lorient (Frankreich) gemacht. (Foto: Marcel Nicolaus, AWI)
Abbildung 4: Der Tauchroboter (engl.: remotely opterated vehicle: ROV) „Ann“ beim ersten Tauchgang durch den Moonpool der Tara Polar Station. Das ROV wird über eine Winde ins Wasser gelassen und taucht dann unter dem Schiff ab. Vorne ist die Sensorik zu sehen und auf der rechten Seite ist das Fächerecholot angebaut. (Foto: Marcel Nicolaus, AWI)
Neben dem ROV Programm wird das Team in den kommenden Wochen viele weitere Messungen in der Atmosphäre, auf und im Meereis und im Ozean durchführen. Zusätzlich wird die Crew erproben, wie sich die Plattform im Eis manovieren und positionieren lässt.
Einen großen Schritt hat das Team bereits jetzt gut gemeistert: Die Überfahrt von Frankreich über Norwegen bis nach Spitzbergen. Diesen Teil hat Martin Schiller noch von zu Hause beobachtet und stellt fest: „Die Plattform hat sicher und schnell Longyearbyen auf Spitzbergen erreicht, was für die Seegängigkeit des Designs spricht. Allerdings bleibt diese Seefahrt im Nordpolarmeer durch die speziell flache und sehr breite Rumpfform eine echte Herausforderung. Ich erwarte auch in Zukunft heftige Schiffsbewegungen, wenn die Tara Polar Station in offenem Wasser operiert.“ Nun liegt der Fokus der kommenden Wochen auf den Arbeiten im Meereis. Da wird das Team – ähnlich wie auf FS Polarstern, nur alles eine Nummer kleiner – auch Eisdicken messen, Schmeltzümpel untersuchen, Wasserproben nehmen, Wetterballone steigen lassen, Lufproben analysieren und vieles mehr. Dafür gilt es die unterschiedlichen Labore an Bord in Betrieb zu nehmen, die Proben zu verarbeiten und auch das Datenmanagement zu etablieren.
Links
Meereisportal begleitet die CONTRASTS Expedition und auch die Tara Polar Station mit ihrem Schwerpunkt in der Meereisforschung. Hier bieten wir weitere Einblicke in die Expedition anhand von Daten und Fakten, Fotos, Live-Kameras und Berichten:
Datenseite: www.meereisportal.de/contrasts
Expeditionsprogramm: epic.awi.de/id/eprint/60162/1/Expeditionprogramme_PS149.pdf
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