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Flugzeugmessungen bestätigen geringes Meereiswachstum im Winter als Folge außergewöhnlich hoher Temperaturen und starke Schmelze im Frühjahr

Meereisdicke Arktis

Ein außergewöhnlich warmer Winter hat dazu geführt, dass die Ausdehnung des arktischen Meereises seit Anfang des Jahres deutlich unterhalb des langjährigen Mittels liegt.

Die hohen Temperaturen zwischen Dezember und Februar scheinen das Eiswachstum im Winter reduziert zu haben: Eisdickenmessungen des Satelliten CryoSat-2 und von Prof. Dr. Christian Haas durchgeführte Messflüge mit dem EM-Bird im April 2016 wiesen bereits auf eine Abnahme der Eisdicke von einjährigen Eis in Regionen der Beaufortsee und eine reduzierte Dicke von mehrjährigen Eis im Norden Kanadas und Grönlands hin. Eine geringe Ausdehnung und Dicke des arktischen Eises zum Ende des Winters wirken sich begünstigend auf Schmelzprozesse im Frühjahr und negativ auf die weitere Entwicklung des arktischen Eises im Sommer aus. Messdaten einer gerade beendeten Flugzeugkampagne mit dem Forschungsflugzeug Polar 6 in Teilen der Transpolar Drift und nördlich von Grönland unterstützen die bisherigen Aussagen. „Auch die aktuellen Messungen deuten auf ein reduziertes Meereiswachstum im Winter als Folge ungewöhnlich hoher Temperaturen sowie einer starken Schmelze im Frühjahr hin“, sagt Dr. Thomas Krumpen, der an der Messkampagne beteiligt war. Ziel der Polar 6 Flugzeugkampagne TIFAX (Thick Ice Feeding Arctic Export) war die großflächige Erfassung der Dicke des Eises nördlich von Grönland und in der Transpolardrift. Die Kampagne ist eine Fortsetzung früherer Flugzeug- und Helikopter-gestützter Messungen in der gleichen Region (Juli 2001, 2004 und 2010 – 2012, Abb. 1). Ausgangpunkt für die Flugzeugmessungen der vergangenen Jahre ist eine dänische Militärbasis mit dem Namen „Station Nord“. Die Militärbasis liegt im äußersten Nordosten Grönlands und ist nur per Flugzeug erreichbar. Die Eisdickenmessungen werden mittels eines vom Forschungsflugzeug geschleppten Messsystems, dem EM-Bird durchgeführt. Prinzipiell arbeitet der EM-Bird ähnlich wie ein Metalldetektor: Das Gerät baut um sich herum ein elektromagnetisches Feld auf und kann verschiedene Schichten im Untergrund anhand ihrer elektrischen Leitfähigkeit unterscheiden, insbesondere den Übergang vom Meereis zum Ozean. Ein zusätzlicher Laser misst den Abstand des Messgeräts zur Eisoberfläche. Aus der Differenz beider Messungen kann anschließend die Eisdicke abgeleitet werden.

 Ein Vergleich früherer Messungen mit den neu gewonnenen Daten von 2016 zeigt, dass die modale Eisdicke mit nur 1.1 m rund 35 % unter der von 2012 und 42 % unter dem Durschnitt aller Messungen im Juli liegt (Abb. 2). Die modale Eisdicke ist die am Häufigsten gemessene Eisdicke und repräsentiert thermodynamisch gewachsenes ebenes Eis. Die Gründe die zur Abnahme der modalen Dicke von ebenen Eisschollen in 2016 geführt haben sind vielseitig: Zum einen war der Winter (Dezember 2015 – Februar 2016) durch außergewöhnlich hohe Temperaturen gekennzeichnet, die teils mehr als 6 °C über dem Durchschnitt lagen (vlg. hierzu auch die ungewöhnliche Erwärmung zum Ende des Jahres 2015). Abb. 3 zeigt die Temperaturanomalien für den Monat Januar 2016. Der vergleichsweise warme Winter hat sich wahrscheinlich auch negativ auf das Eiswachstum ausgewirkt. Die ungewöhnlich hohen Lufttemperaturen stehen sehr wahrscheinlich in einer engen Beziehung mit dem Verhalten der Arktischen Oszillation (AO), einem Zirkulationsmuster, das den Luftdruckgegensatz zwischen arktischen und mittleren Breiten widerspiegelt und die Stärke des Polarwirbels charakterisiert. Darüber hinaus konnte in weiten Teilen der Arktis ein frühzeitiges Einsetzen der Eisschmelze beobachtet werden. Nördlich von Grönland und in der Fram Straße wurden Schmelzprozesse an der Oberfläche rund 10 – 20 Tage früher als im langjährigen Durchschnitt verzeichnet. Dies wiederum begünstigt die Entwicklung von Schmelztümpeln an der Eisoberfläche und resultiert in einer gesteigerten Absorption von Sonnenenergie, was wiederum zum Abschmelzen weiterer Schnee- und Eisflächen führt (Eis-Albedo-Rückkopplung).  Im Gegensatz zur rückläufigen modalen Dicke weist die mittlere Eisdicke, ein Maß für das Eisvolumen, aber kaum Unterschiede zu früheren Messungen auf. Der Grund hierfür ist, dass dünneres, ebenes Eis schneller auf dem Ozean treibt und somit auch einer stärkeren Deformation unterliegt. Stärkere Deformationsprozesse (zum Beispiel durch Bildung von Eisrücken) können dann die Abnahme der modalen Eisdicke zumindest teilweise kompensieren. In Abbildung 4 wird der Prozess illustriert. Allerdings ist ein Eisregime, welches bei gleichem Volumen durch geringere modale Dicken und verstärkte Deformation gekennzeichnet wird (Abb. 3, rechts), auf Grund der größeren Oberfläche auch deutlich anfälliger für Schmelzprozesse.  Dies wiederum wirkt sich negativ auf die weitere Entwicklung der Eisausdehnung aus. Zusammenfassend hat die Flugmesskampagne 2016 gezeigt, dass die Eisdicke in der Arktis gegenüber früheren Jahren deutlich abgenommen hat und eine geringere modale Eismächtigkeit vorherrscht, was durch zunehmende Schmelzprozesse den negativen langjährigen Trend in der sommerlichen Meereisausdehnung fortsetzen wird. Das sommerliche Meereisminimum in der Arktis wird üblicherweise etwa Mitte September erreicht.

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Temperaturanomalie in der Arktis im Januar 2016.