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Das Eis der Arktis beginnt wieder zu frieren

Arktis

Mitte September 2019 begann das herbstliche Meereiswachstums im westlichen arktischen Ozean.

Verhältnisse in der ersten Hälfte des Oktobers 2019

Mitte September 2019 begann das herbstliche Meereiswachstums im westlichen arktischen Ozean (siehe Abbildung 1). Die Meereisausdehnung liegt aktuell mit 4,97 Mio. km² unter dem langjährigen Mittelwert. Allerdings bricht der Oktober schon wieder neue Rekorde, weil die Meereisbedeckung momentan so gering ist, wie noch nie, um diese Jahreszeit. Betrachtet man die Differenzkarten der Meereisausdehnung zum Jahr 2012 und zum langjährigen Mittelwert erkennt man, dass es insbesondere nördlich der Laptew- und sibirischen See bis in die Beaufortsee hinein momentan in weiten Regionen viel weniger Meereis gibt, als sonst im Oktober (siehe Abbildung 2). Zur Beurteilung dieser Situation sind die bei der MOSAiC-Expedition durchgeführten Messungen in der erweiterten Umgebung von FS Polarstern mit ihrem dünnen, "verrotteten" Eis (rotten ice) besonders interessant. Für diese aktuelle Situation sind wahrscheinlich zwei Prozesse verantwortlich: zum einen ist es weiterhin sehr warm in der Arktis. Es wird eine große Menge an warmer und feuchter Luft vom Pazifik und vom Atlantik in die Arktis eingetragen. Die erste Hälfte des Oktobers war außergewöhnlich in dieser Hinsicht. Deutlich zu erkennen sind die wärmeren Bedingungen auch an der Forschungsstation AWIPEV auf Spitzbergen (siehe Abbildung 3). Als zweite Ursache ist der Ozean wärmer als gewöhnlich im Oktober und die Abkühlung verzögert sich aufgrund der warmen Atmosphäre weiter (siehe Abbildung 7). Sowohl das Wasser als auch die Luft sind momentan noch sehr warm. Die weiteren Prognosen deuten auf anhaltend relativ warme Bedingungen bis Ende des Monats hin.

Rückblick September 2019

Rückblickend lässt sich über den arktischen Sommer 2019 zusammenfassend sagen, dass dieser außergewöhnlich warm war, mit häufigen Zuströmen von warmer Luft aus Nordsibirien und der Beringstraße (mehr hier). Dies wurde in der deutlichen Abnahme des arktischen Meereises und dem Fortsetzen des negativen Langzeittrends sichtbar.

Die Meereisausdehnung betrug im September im Durchschnitt 3,97 Mio. km² (siehe Abbildung 4) und war damit die zweitniedrigste Ausdehnung seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen. 2012 lag die durchschnittliche Ausdehnung noch circa 480.000 km² unter dem diesjährigen Wert. Im Vergleich zum Mittelwert der Jahre 1981-2010 war die Ausdehnung 2019 um 2,48 Millionen geringer. Die minimale Meereisausdehnung wurde am 15. September 2019 erreicht und entsprach mit 3,77 Mio. km² dem zweitniedrigsten jemals aufgezeichneten Wert. Danach wuchs das Meereis vor allem in der nördlichen Beaufortsee, der Tschuktschensee, Ostsibirien und der östlichen Laptewsee. Zudem wuchs das Meereis um den kanadisch-arktischen Archipel und nordwestlich von Grönland, wobei ein Teil des Meereises durch Drift in den Nordosten von Grönland gelangt. Warme Südwinde sorgten im gleichen Zeitraum für einen Rückgang der Eiskante in der westlichen Laptewsee und der Karasee. Die Nordostpassage war bis Ende September noch offen (Quelle: NSIDC). Im Vergleich zum bisherigen Minimumjahr 2012 ist die Eisausdehnung in der Barents- und Karasee, sowie in der Beaufortsee größer als in 2012, während in diesem Jahr eine geringere Meereisausdehnung in der Laptewsee zu verzeichnen war (Abbildung 5), der Region, in deren nördlichem Sektor sich die Startregion zur MOSAiC-Expedition befand; eine nicht unbedeutend kritische Situation für den Start des Driftexperiments, da hier auch geringe Eismächtigkeiten vorzufinden waren.

In den Daten der Meereisausdehnung ist ein klarer Trend erkennbar, mit einer durchschnittlichen Verringerung der Ausdehnung von circa 0,8 Mio. pro Dekade seit 1979 (siehe Abbildung 6). Auffällig ist jedoch die große Variabilität in den Änderungsraten, wenn man sich statt einem 41-jährigem Zeitraum einzelne Dekaden ansieht. So könnte man im Zeitraum 1990 – 2000 eine Stagnation des Meereisrückgangs im Sommer interpretieren, was auch aus den Daten im Zeitraum 2007 – 2016 abzulesen wäre. In dieser Periode lagen jedoch die Jahre mit der drittniedrigsten (2007) und bisher geringsten (2012) Meereisausdehnung. Dies illustriert die Herausforderung, aus einem stark variablen System auf interannualer Zeitskala wie der Meereisausdehnung, eine quantitative Aussage über die Änderungsrate zu machen. Somit ist es sinnvoller, Langzeitvariationen auf dekadischer Zeitskala aus Klimazeitreihen länger als 30 Jahren abzuleiten, anstatt zwischenjährliche Variabilität zu vergleichen.

Allgemein war der September von warmen Temperaturen geprägt. So waren die Lufttemperaturen über dem Ozean auf dem 925 hPa Niveau (ungefähr 750 m über NN) 2 bis 4 Grad Celsius über den Temperaturen im 1981-2010 Referenzzeitraum. Die maximale Abweichung von 4°C wurde über der Beaufortsee nördlich von Alaska erreicht. Die umliegenden Landmassen erreichten Temperaturen von 1-2 °C über dem Durchschnitt in Eurasien, während die Temperaturen in Nordkanada und Alaska 1-4 °C über dem langjährigen Mittel lagen. Die größten Abweichungen wurden in Yukon und Ostalaska erreicht. Die Ausnahme bildete Südgrönland, wo die Temperaturen im Schnitt 1°C unter denen der Referenzperiode lagen (Abbildung 7). Dennoch hat auch Grönland in diesem Jahr eine besonders starke Schmelzsaison durchlaufen, in der die Oberfläche im August auf bis zu 60 % Schmelzprozessen unterworfen war. Was dies für den Gesamtmassenverlust des grönländischen Inlandeises bedeutet, lässt sich erst in den nächsten Monaten diagnostizieren. Der Massenverlust Grönlands im Sommer beträgt in diesem Jahr bereits über 400 Gt Eis, was vergleichbar zum Jahr 2010 liegt, aber nicht das bisher größte Verlustjahr 2012 erreicht.

 

Die MOSAiC-Expedition hat ihre Eisscholle für das Driftexperiment gefunden

Am 20. September 2019 ist die MOSAiC-Expedition von Trömsø gestartet! In unserem Meereisticker haben wir hierüber zweimal wöchentlich berichtet. Mittlerweile hat FS Polarstern eine geeignete Scholle gefunden, auf der das Forschungscamp aufgebaut und das sogenannte „Distributed Network“ von einzelnen Messstationen im Umkreis von bis zu 40 km errichtet werden. Zur Unterstützung der Erkundung wurden Helikopterflüge mit russischen und deutschen Meereisexperten durchgeführt, um mit Eisbohrungen und weiteren Untersuchungen vor Ort, die Beschaffenheit der Schollen und die Eisdicke zu diagnostizieren.

In Abbildung 9 ist das Messnetz im Umkreis von 40 km um FS Polarstern (C) herum mit unterschiedlichen Sensoren und Bojen gezeigt (Abbildung 10). Dr. Robert Ricker, Meereisphysiker am Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven, hat die Suche nach der geeigneten Scholle durch Detailauswertungen von Satellitenfernerkundungsdaten von Bremerhaven aus begleitet. Er selber wird ab Februar 2020 am 3. Fahrtabschnitt von MOSAiC teilnehmen. Die derzeitigen Eisbedingungen beschreibt er folgendermaßen: „Die Sommerschmelze 2019 hat nicht nur zu einem starken Rückgang der Meereisausdehnung geführt, sondern auch zu einer deutlichen Reduzierung der Dicke, insbesondere im Startbereich von MOSAiC. Somit war es dort schwierig, geeignete Schollen als Basis für das Forschungscamp und das „Distributed Network“ auszumachen. Durch eine gezielte Erkundung der Umgebung mit Hilfe von Satellitenbildern, Helikoptermessungen, bis hin zu einzelnen Bohrungen auf den Schollen, konnten jedoch innerhalb kurzer Zeit geeignete Schollen gefunden werden.“

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Installation eines Oberflächen-Drift-Sensors mit Hilfe eines Helikopters.

Abbildung 10: Installation eines Oberflächen-Drift-Sensors (Buoy 2019P152) mit Hilfe eines Helikopters. (Foto: Alfred-Wegener-Institut / Marcel Nicolaus)