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CONTRASTS: Meereis-Expedition untersucht das schmelzende arktische Meereis

Polarstern-Expedition läuft am 2. Juli in Tromsø, Norwegen aus, um das arktische Meereis von gestern, heute und morgen zu untersuchen.

  • Die Polarstern-Expedition CONTRASTS (PS149) erforscht die Ursachen und Folgen des Meereisrückgangs im Arktischen Ozean.
  • Fokus der Untersuchungen sind Unterschiede im Schmelzen verschiedener Meereistypen
  • Ergänzende regionale Messungen durch parallel stattfindende Flugzeugmessungen der IceBird-Sommer Kampagne

Abbildung 1: Expeditionslogo der CONTRASTS-Expedition vom 2. Juli – 1. September 2025 (Grafik: Marcel Nicolaus, Alfred-Wegener-Institut)

FS Polarstern Expedition mit Fokus auf Meereis

Die FS Polarstern-Expedition CONTRASTS (PS149) wurde über zehn Jahre geplant und ist eine reine Meereis-Expedition, die sich um zahlreiche Fragen rund um das Thema Meereis drehen wird. Die Ziele der Expedition erklärt Expeditionsleiter Dr. Marcel Nicolaus, Meereisphysiker am AWI, wie folgt:

„Mit der CONTRASTS-Expedition werden wir das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Ozean, Atmosphäre und Meereis vertiefen. Uns geht es insbesondere darum, besser zu verstehen, welches Meereis die Schmelze im Sommer übersteht und welches nicht. Damit können wir dann aktuelle Veränderungen quantifizieren und mögliche zukünftige Entwicklungen besser einschätzen. Unser Ziel ist es, die Rolle von schwindendem und verbleibendem Meereis im arktischen Sommer genauer nachvollziehen zu können. Am Ende werden wir so auch verbesserte Prognosen für die zukünftige Entwicklung in der Arktis machen können.“

Die Expedition beginnt mit dem Auslaufen von FS Polarstern in Tromsø, Norwegen, am 2. Juli 2025 und endet mit dem Einlaufen in Longyearbyen, Spitzbergen, am 01. September 2025. Im Rahmen internationaler Zusammenarbeit wird die FS Polarstern zu Beginn der Expedition auch die neue französische Forschungsplattform Tara Polar Station für ihre erste Expedition ins Meereis nördlich von Spitzbergen führen (Abb. 2).

Abbildung 2: Geplante Fahrtroute (rote Linie) mit den drei anvisierten Meereisregimen (grüne Sterne, R1 bis R3). Es ist geplant, jedes Regime während der Expedition dreimal zu besuchen. Da das Meereis driftet, wird sich auch die Lage der einzelnen Regime ändern. Die Flugzeugkampagne IceBird-Summer fliegt von der Basis an Station Nord auf Grönland aus. Die Hintergrundkarte zeigt die beispielhafte Meereiskonzentration im August 2024. (Grafik: Marcel Nicolaus, AWI)

Das CONTRASTS Team besteht an Bord aus 51 Wissenschaftler:innen aus 14 Nationen, die Institute aus insgesamt acht Nationen vertreten. Ein großer Teil des Konsortiums hat bereits während der MOSAiC Expedition 2019/20 und der ArcWatch-1 Expedition 2023 erfolgreich zusammengearbeitet.

Parallel zur Polarstern-Expedition findet im Juli und August 2025 auch die Sommer Flugmesskampagne IceBird statt. Von der dänischen Militärbasis Station Nord in Grönland aus überfliegt das Forschungsflugzeug Polar 5 die CONTRASTS-Regionen und -Stationen, um das Meereis großräumig zu erfassen und regionale Gradienten der Eisdicke abzubilden. „Damit gibt es im Sommer 2025 zwei Meereis-Expeditionen, die sich optimal ergänzen“ sagt Co-Fahrtleiter Dr. Thomas Krumpen, Meereisphysiker am AWI.

 

Untersuchung verschiedener Meereisregime

Der Schwerpunkt der FS Polarstern-Expedition liegt darin, die Unterschiede – also Kontraste (englisch: contrasts) – zwischen verschiedenen Meereisregimen und deren Zusammenhang mit ozeanographischen und atmosphärischen Eigenschaften besser zu verstehen. Die Messungen zielen auf drei Meereisregime ab:

1. Einjähriges Meereis, das sich im letzten Winter gebildet hat und häufig entlang der Meereisrandzone driftet – das Eisregime, das voraussichtlich künftig die sommerliche Arktis dominieren wird.

2. Zweijähriges Meereis, das mit der Transpolardrift über den zentralen Arktischen Ozean treibt – das Eisregime, das charakteristisch für den gegenwärtigen Zustand der Arktis ist.

3. Mehrjähriges Meereis, das jahrelang nördlich von Grönland und Kanada gedriftet ist aus der sogenannten „Letzten Eiszone“ nördlich von Grönland – das Eisregime, das vor Jahrzehnten noch weit verbreitet war.

Thomas Krumpen ergänzt dazu: „Wir erwarten, dass das Alter und die Herkunft des Meereises wesentlichen Einfluss auf die physikalischen und biologischen Eigenschaften des Meereises hat. So ist zum Beispiel altes Eis dicker und stärker deformiert. Die Zonen unterschiedlichen Eisalters können wir im Vorfeld der Expedition durch verschiedene Satelliten- und Modeldaten identifizieren und dann gezielt anfahren“ (Abb. 3).

Abbildung 3: Entwicklung des Meereisalters (von 1 bis 5+ Jahren) im Untersuchungsgebiet zwischen Januar 2024 und Juni 2025. Die Informationen zum Meereisalter werden vom National Snow and Ice Data Center (NSIDC) bereitgestellt. Wir bedanken uns bei Scott Stewart, Mark Tschudi und Walt Meier für den beschleunigten Zugang zu den Daten während unserer Feldarbeiten. (Grafik/Animation: Thomas Krumpen, Alfred-Wegener-Institut)

Eine Reise durch Raum und Zeit

Die zentralen Elemente der CONTRASTS Expedition sind Meereisstationen in allen drei beschriebenen Eisregimen. In jeder Region wird eine repräsentative Scholle ausgewählt und mit einem Eiscamp ausgestattet. Jede Scholle wird dreimal für jeweils 2–3 Tage besucht und dabei intensiv vermessen. Beim ersten Besuch werden Messgeräte auf, im und unter dem Meereis installiert, die dann autonom die Schmelzsaison beobachten (Abb. 4). Diese Zeitserien bieten Kontinuität über die gesamte Zeit der Expedition, auch wenn das Team in einem der anderen Regime arbeitet. Insgesamt kann so die Schmelzsaison an jeder der drei Schollen über rund sechs Wochen hinweg beobachtet werden. Der zweite Besuch (nach circa drei Wochen) erlaubt dann die Wartung der Systeme und beim dritten Besuch (nach circa sechs Wochen) werden die meisten Geräte wieder abgebaut und nur wenige Instrumente werden als sogenannte Driftbojen zurückbleiben. Diese verbleibenden Sensoren erlauben es dann, die der Expedition anschließende Drift und Entwicklung der Schollen in die Gefrierphase weiter zu verfolgen. „Aktuell hoffen wir, dass wir auch bei der nachfolgenden Expedition „East Greenland Sources“ (PS150), die vom 4. September bis 23. Oktober 2025 stattfinden wird, mindestens eine der Stationen noch einmal besuchen, beproben und vermessen können. Das wäre das Sahnehäubchen auf der Expedition“, wünscht sich Marcel Nicolaus, der auch dann an Bord sein wird.

Abbildung 4: Mögliche Meereisbedingungen in den drei Meereisregimen während CONTRASTS. Die Abbildung setzt sich aus Fotos früherer Expeditionen zusammen, die Eindrücke verschiedener Meereisarten von der Oberfläche und unter dem Eis zeigen. (Grafik: Marcel Nicolaus, Alfred-Wegener-Institut)

Dieser Beobachtungsansatz von CONTRASTS, der das Meereis in die drei Regime unterteilt, ist neu. Er stellt eine besonders enge Verzahnung von intensiven, sich wiederholenden, manuellen Messungen und autonomen Zeitserien dar. Methodik und Teamstruktur basieren auf Erfahrungen aus der MOSAiC-Expedition. „So können unsere MOSAiC Datensätze nun noch die Dimensionen der unterschiedlichen Eisregime als weitere Information erhalten. Zusätzlich können wir gezielt die Messungen in der Hochphase der Eisschmelze durchführen, die bei MOSAiC aus logistischen Gründen nicht vollständig erfasst werden konnte“, erklärt Marcel Nicolaus.

Ein zentrales Ziel ist die gemeinsame Analyse von Kontrasten, Übergängen und Gradienten zwischen den Meereisregimen – einschließlich der dazugehörigen Ozean- und Atmosphärenzustände. Das CONTRASTS-Team führt standardisierte, prozessbasierte bio-physikalische Untersuchungen in allen Regimen durch, um vergleichbare Ergebnisse zu erzielen.

 

Teamwork zwischen Physik und Ökologie

Insgesamt schafft die Expedition CONTRASTS eine multidisziplinäre Plattform, um sowohl physikalische als auch biologische Prozesse studieren zu können (Abb. 5 und 6). Die Arbeit an Bord ist in vier Teams organisiert:

  • Die Arbeiten zur Meereisphysik zielen darauf ab, die unterschiedlichen Meereisregime der zentralen Arktis systematisch zu definieren und ihre physikalischen Eigenschaften, Oberflächenstrukturen und Schmelztümpel umfassend zu charakterisieren. Ein besonderer Fokus liegt auf der Fortsetzung langfristiger Zeitreihen zur Eisdicke, die als eine der essentiellen Klimavariablen (Essential Climate Variables, ECVs) gilt. Darüber hinaus sollen zentrale Prozesse während der sommerlichen Schmelzphase analysiert werden, um deren Einfluss auf den Energie- und Massenhaushalt des Meereises besser zu quantifizieren.
  • Die Untersuchungen der Ozeanphysik umfassen sowohl mesoskalige Vermessungen – mittels autonomer Systeme und helikoptergestützter manueller Erhebungen – rund um die drei geplanten Eiscamps, als auch lokale Messungen von Turbulenz in der Wassersäule sowie direkt unter dem Meereis. Besondere Aufmerksamkeit gilt Prozessen, die mit Schollenrändern und Rinnen in Verbindung stehen. Die erhobenen Daten sollen helfen, physikalische Prozesse im Ozean mit ökologischen und biogeochemischen Systemen in Beziehung zu setzen – ein Ziel, das durch den multidisziplinären Ansatz der Expedition unterstützt wird.
  • Im Bereich der Atmosphärenforschung liegt der Schwerpunkt auf den direkten Austauschprozessen zwischen Atmosphäre und Eisoberfläche. Ziel ist es, die Wechselwirkungen zu quantifizieren, die den Energie- und Massenhaushalt des Meereises sowie den Wärmegehalt der oberen Ozeanschichten maßgeblich beeinflussen. Ebenso werden Prozesse analysiert, die die Variabilität dieser Austauschmechanismen steuern. Basierend auf den Beobachtungen an den drei Eiscamps sollen nach der Expedition bessere Prozessbeschreibungen für numerische Modelle entwickelt werden, um die zeitlich-räumliche Variabilität atmosphärischer Einflüsse besser abbilden zu können.
  • Die Arbeiten zur Ökologie und Biogeochemie widmen sich der Frage, wie sich biologische Vielfalt, Artenverteilung und Ökosystemfunktionen unter dem Einfluss physikalisch-chemischer Veränderungen insbesondere auch in der Schmelzsaison entwickeln. Im Fokus stehen vergleichende Analysen zur taxonomischen Zusammensetzung, funktionellen Struktur und Biodiversität biologischer Gemeinschaften in unterschiedlichen Eisregimen. Darüber hinaus werden zentrale Ökosystemprozesse und biogeochemische Kreisläufe quantifiziert und die trophischen Verbindungen vom Meereis an der Oberfläche bis unter die Dämmerzone in 1000 m Tiefe untersucht. Ergänzend werden Prozesse identifiziert, die für die Rekrutierung und das Überleben ökologisch bedeutsamer Arten im Winter von Bedeutung sind.

Die Expedition CONTRASTS ist auch für Meereisportal.de eine spannende und besondere Expedition. Wir werden sie durch ausführliche Berichte und mit stets aktuellen Daten, Fotos, und Live-Kameras intensiv begleiten: www.meereisportal.de/contrasts

Abbildung 5: Eisstationsarbeit während der MOSAiC-Expedition im Sommer 2020. Dies ist ein Beispiel für die Eiscamps von CONTRASTS und veranschaulicht die kombinierten Untersuchungen durch in-situ Messungen, autonome Stationen, luftgestützte Operationen und Messungen von FS Polarstern. (Foto: Marcel Nicolaus, Alfred-Wegener-Institut)

Abbildung 6: Konzeptueller Aufbau eines Eiscamps während CONTRASTS. Das Schiff FS Polarstern (blaue Form) ist an der Eisscholle (graue Fläche) verankert. Verschiedene Beobachtungsstationen decken überschneidende Bereiche des Eises ab, um biophysikalische Eigenschaften der Atmosphäre, des Meereises und des Ozeans zu messen. Die „Deployment sites“ (leicht orange-farbige Boxen) zeigen die Regionen für autonome Stationen an, die zurückbleiben, während das Schiff mit den Teams in anderen Untersuchungsregionen tätig ist. (Grafik: Marcel Nicolaus, Alfred-Wegener-Institut)

Abbildung 3: Entwicklung des Meereisalters (von 1 bis 5+ Jahren) im Untersuchungsgebiet zwischen Januar 2024 und Juni 2025. Die Informationen zum Meereisalter werden vom National Snow and Ice Data Center (NSIDC) bereitgestellt. Wir bedanken uns bei Scott Stewart, Mark Tschudi und Walt Meier für den beschleunigten Zugang zu den Daten während unserer Feldarbeiten. (Grafik/Animation: Thomas Krumpen, Alfred-Wegener-Institut)