Sommerliche Meereisausdehnung weiterhin auf Niedrigkurs – Minimum in Sichtweite

Abbildung 7: Lufttemperatur auf der 925 hPa Druckhöhe (ca. 750 m Höhe) für den Zeitraum Januar bis Mai 2018 (links) und Juni bis August 2018 (rechts) ausgedrückt als Differenz zum langjährigen Mittelwert von 1981-2010. (Datenquelle: www.esrl.noaa.gov/psd/products)

Abbildung 8: Anomalie des Luftdrucks auf Meeresniveau für den Zeitraum Januar bis Mai 2018 (links) und Juni bis August 2018 (rechts) gegenüber dem Langzeitmittel der Jahre 1981-2010 (Datenquelle: www.esrl.noaa.gov/psd/products)
Die Meereisfläche in der Arktis schrumpft seit Jahren deutlich stärker, als Klimamodelle prognostizieren. Veränderungen des Meereises sind stark an Wechselwirkungsprozesse zwischen Atmosphäre und Ozean gekoppelt. So hängt die Entwicklung des sommerlichen Meereises auch von den Bedingungen im vorangegangen Winter ab. Der Winter 2017 / 2018 war mit sehr warmen Temperturen in der Arktis, geringen Meereisbedingungen und mit einer rekordbrechenden Störung des Polarwirbels verbunden. Ebenfalls gab es extreme Kälte und verherrende Schneefälle in den USA und Europa (mehr hier). So lagen beispielsweise die Lufttemperaturen über dem arktischen Ozean im November und Dezember deutlich über dem langjährigen Durchschnitt, mit besonders warmen Gebieten (über 6°C über dem Mittelwert von 1981 bis 2010) über der Tschuktschensee und nördlich von Svalbard. Diese Bedingungen setzen sich im Januar und Februar fort und es war weiterhin in vielen Teilen der Arktis wärmer als im langjährigen Mittel. Die zweite Hälfte des Februars war durch extreme Wetterbedingen gekennzeichnet, mit besonders hohen Temperaturen über der Arktis und extrem niedrigen Temperaturen über Eurasien und Nordamerika. Diese Situation hielt bis in den April an und es herrschten in der Ostsibirischen See im April bis zu 10 °C höhere Temperaturen als im Langzeitmittel. Die Lufttemperaturen waren in der östlichen Grönlandsee ebenfalls bis zu 5°C und in der Baffin Bay 3 °C höher im Vergleich zum langfristigen Mittel. Im Sommer war die Arktis weiterhin besonders in der Ostsibirischen See wärmer als im langjährigen Durchschnitt, jedoch in weiten Teilen der Arktis war die Temperaturen im Normalbereich. Januar bis Mai 2018 ist das bisher wärmste Jahr im Bereich der Tschuktschensee und der Beringstraße (siehe Abbildung 6). Zusammenfassend lassen sich die atmosphärischen Bedingungen in der Arktis für den Zeitraum Januar bis August 2018 wie in Abbildung 7 und 8 darstellen. Atmosphärische Zirkulation in der Arktis und der Sommer 2018 Die Bedingungen in der Arktis im Sommer 2018 stehen auch in engem Zusammenhang mit der extremen Trockenheit und Wärme in Deutschland in diesem Sommer. Ursache hierfür war eine sogenannte Blockadewetterlage, ein stabiles Hoch über Skandinavien, das atlantische Tiefdruckgebiete nach Norden oder Süden ablenkt und immer wieder warme und trockene Luft nach Westeuropa führte (siehe Abbildung 9). Klimasimulationen für Zukunftsszenarien zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit für derartige Wetterlagen mit dem Klimawandel ansteigen können. Durch die Erwärmung in den nördlichen Breiten schwinden Schnee und Eis in der Arktis, die aufgrund ihrer weißen Farbe die Eigenschaft haben, einen großen Teil der einfallenden Sonnenstrahlung zu reflektieren. Fehlen Eis und Schnee hingegen, so scheint die Sonne direkt auf den arktischen Ozean und die Landflächen, die dunkler sind und die Strahlung stärker absorbieren, so dass sie sich erwärmen. Die Erwärmung der Arktis verstärkt sich dadurch und schreitet deutlich schneller voran als in den mittleren Breiten (sog. „Arktische Verstärkung“ oder „arctic amplification“). Die Folge ist, dass der Temperaturunterschied zwischen der Arktis und den mittleren Breiten geringer wird. Der Temperaturkontrast zwischen Arktis und unseren Breiten ist jedoch der Motor für das Wetter in Deutschland und Europa. Tiefdruckgebiete entwickeln sich, um die Temperaturunterschiede auszugleichen. Auf ihrer Vorderseite transportieren Tiefdruckgebiete warme Luft nach Norden und auf ihrer Rückseite kalte Luft nach Süden. Ist der Temperaturkontrast geringer, werden auch die Tiefdruckgebiete schwächer, sodass ein kräftiges Hoch sie leichter abblocken kann. Was wir in diesem Sommer beobachtet haben ist eine Veränderung des Jetstream, einem atmosphärischen Starkwindband, welches die Tiefdruckgebiete steuert. Der Jetstream bewegt sich wellenförmig in den mittleren Breiten um den Globus. Liegt ein Gebiet im Wellental des Jetstreams, treten dort viele Tiefdruckgebiete auf, liegt das Gebiet im Wellenberg, dominiert der Hochdruckeinfluss. "Nach Prognosen verschiedener Klimamodelle wird der Jetstream aufgrund geringerer Temperaturgegensätze zwischen den hohen und mittleren Breiten schwächer, dadurch kommt es zu einem verstärktem mäandern des Jetstream. Die Position der daraus resultierenden Wellenberge und Wellentäler sind jedoch stabiler und verlagern sich dadurch langsamer. Entsprechend seltener wechseln sie sich auch über Europa ab, so dass Hochdruckgebiete in Zukunft immer länger das gleiche Gebiet beeinflussen können.", so Dr. Monica Ionita-Scholz Klimatologin am AWI. Positioniert sich der Wellenberg dauerhafter z. B. über Skandinavien, so hält er die Tiefdruckgebiete über einen größeren Zeitraum von uns fern - so wie wir das in diesem Sommer erlebt haben.
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Abbildung 9: Geopotentielle Höhe (500hPa) für Juli 2018 (links) im Vergleich zum Langzeitmittel 1981-2000 in der Arktis; integrierter Wasserdampftransport für Juli 2018 (Mitte) und für Januar bis August(rechts) (Quelle: www.esrl.noaa.gov/psd/data/gridded/data.ncep.reanalysis.html) |